7.7.22

Bericht aus Bulgarien (179) - "Angst zerstört Demokratie"

 

Bald auf Bulgarisch

Neben den drei großen Paketen mit Büchern warteten auch zwei kleine in der Kneipe von meinem Bürgermeister bei meiner Rückkehr aus Deutschland auf mich. Eines davon war vom Verlag Frank&Timme in der Wittelsbacher 27a in Berlin-Wilmersdorf, und auch in ihm war ein Buch. Aber nicht irgendein Buch, sondern das neue Buch "Angstgesellschaft" von Hans-Joachim Maaz, dem Therapeuten meines Vertrauens, der mir in Berlin auch schon mal im Taxi saß. Viel ließe sich zu dem Buch sagen, das ich gestern in einem Zug durchgelesen habe, und das ich nur jedem ans Herz legen kann, der verstehen möchte, was die letzten zweieinhalb Jahre mit unserer Psyche gemacht haben. Ich will es bei zwei Dingen belassen. Das ist zum einen die Würde als Mensch, die in dem Buch thematisiert wird, und wie wir sie trotz permanent geschürter Angst und daraus resultierenden immer diktatorischen Verhältnissen bewahren können. Zum anderen sei noch der Umstand erwähnt, dass das Buch gerade von meinem Freund, dem Übersetzer Martin Petrushev ins Bulgarische übersetzt wird. Martin habe ich vor ziemlich genau einem Jahr zufällig an dem letzten verbliebenen Buchstand in der bulgarischen Hauptstadt Sofia kennengelernt, seither sind wir befreundet. Damals wollte er noch nach Deutschland, um dort sein Studium fortzusetzen, wovon ich ihm vorsichtig abgeraten habe. Warum es am Ende nicht dazu kam, auch das ist in dem Buch von Hans-Joachim Maaz beschrieben. Im Januar hat Martin dieses Interview mit mir über die Proteste gegen die Regierung geführt, die neulich wie zu erwarten war durch ein Misstrauensvotum abgewählt wurden ist, und nun übersetzt er das von mir empfohlene Buch "Angstgesellschaft" von Hans-Joachim Maaz, das demnächst beim in Sofia ansässigen Ost-West-Verlag erscheinen wird. Das schöne daran, dass so viele insbesondere junge Bulgaren ihr Land verlassen haben, ist, dass man sich kennt und die Wege zwischen den wenigen im Land verbliebenen kurz sind. Alles hat eben immer seine zwei Seiten, selbst ein Exodus.

Foto&Text TaxiBerlin

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