28.9.22

Bericht aus Bulgarien (316) - "Ein Land, wo Trauben, Grundstücke und Häuser auf der Straße liegen"

Mann muss sie nur auflesen

Als ich noch Taxi gefahren bin in Berlin, lag das Geld auf der Straße und auch die ein oder andere leere Flasche auf zwei Beinen, die ich aufgesammelt habe. In Bulgarien liegt das Geld definitiv nicht auf der Straße, dafür aber Weintrauben. Nicht nur viele Häuser sind verlassen, es soll in Bulgarien 592 Dörfer geben, die ganz verlassen sind oder nur noch einen Einwohner haben, sondern es gibt dort oft auch Wein, dessen Lese jetzt ansteht. Meine Trauben sind vom Nachgrundstück, auf dem das Haus gerade zusammenfällt. Es ist nicht mehr zu retten, dafür aber der Wein, der wie wild wächst und immer noch Trauben trägt, obwohl es viele Jahre her ist, dass sich jemand um ihn gekümmert hat. Ich habe Traubensaft aus des Nachbarn Wein gemacht, was eine Heidenarbeit war, die sich aber gelohnt hat. Die drei Liter Traubenwein schmecken wie aus einer anderen Welt. So etwas kann man nicht kaufen, mit keinem Geld der Welt. Ich trinke ihn aus kleinen Schnapsgläsern, so gehaltvoll ist er. Was das Nachbargrundstück angeht, so kann man offiziell nichts machen, weil die Erben auf der ganzen Welt verstreut sind und es auch keine gültigen Dokumente gibt, um es zu besitzen. Ich weiß das von meinem Bürgermeister, der meint, ich solle es einfach benutzen und mich um den Wein kümmern, für das Haus ist es bereits zu spät, und genau das habe ich als halber Deutscher gemacht.  -  Ich habe getan, was mein Bürgermeister mir gesagt hat.

Foto&Text TaxiBerlin

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