Nachdem neulich die bulgarischen Bauern auf die Straße gegangen sind, ist für den 19. Oktober der nächste landesweite Protest angemeldet. Er richtet sich diesmal gegen die hohen Strompreise im Land und ist unter anderem vom Verband Unabhängiger Gewerkschaften und der bulgarischen Industrie- und Handelskammer organisiert. In Bulgarien befürchtet man, dass viele Betriebe wegen der hohen Strompreise schließen müssen und noch mehr Menschen ihre Arbeit verlieren. Eine realistische Sorge, die auch viele Menschen in Deutschland umtreibt oder gar auf die Straße treibt, was sie dort allerdings automatisch zu Rechten macht, wenn ich es richtig verstanden habe. Eines von vielen Dingen, die es so in Bulgarien nicht gibt. Überhaupt ist die Unterscheidung zwischen links und rechts in den Schluchten des Balkans praktisch unbekannt. Als ich noch Taxi in Berlin gefahren bin, war links und rechts für mich nur der Hinweis darauf, dass ich demnächst abbiegen muss. Das liegt vor allem daran, dass die Linken in der Heimat die nützlichen Idioten des Neoliberalismus und der Postdemokratie sind, und die so genannte Antifa so antifaschistisch ist, wie der einstige antifaschistische Schutzwall es war. Um den Menschen kümmern sich die, die sich Linke oder Antifa nennen (die neulich noch alle Menschen zwangsimpfen wollte), dort schon lange nicht mehr (aktuelles Beispiel die Partei DIE LINKE), weswegen wohl Linke Linke die zutreffendere Bezeichnung ist. Eine Entwicklung, die nun auch in Bulgarien einzusetzen scheint. So deute ich den Hinweis der Veranstalter des Protestes am 19. Oktober vor dem Sitz der bulgarischen Regierung in Sofia, dass der Protest nicht politisch sei (Протестът не е политически!). Einen nicht politischen Protest kenne ich nicht. Im Gegenteil, ich bin damit groß geworden, dass im Leben immer alles auch politisch ist. Wenn ein Protest nicht politisch sein soll, dann kann ich auch gleich zuhause bleiben, was wohl auch viele Bulgaren machen werden. Ich vermute bereits bei der Wahl am 2. Oktober. - Wahrscheinlich das nächste, was nicht mehr politisch ist: Wahlen. Oder sind sie es gar schon? Jedenfalls muss eine Regierung, die bei einer Wahlbeteiligung von nur 40 Prozent, wie bei der letzten Wahl hier in Bulgarien im November vergangenen Jahres, von niemandem mehr delegitimiert werden. Sie hat es bereits selbst getan, indem sie die Wahl angenommen hat.
Foto&Text TaxiBerlin
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