8.7.22

Bericht aus Bulgarien (180) - "Grüner Balkan"

Die Motorsäge macht den Sound

Es hat viel geregnet in Bulgarien, während ich in Berlin war, ich erwähnte das bereits. Das ist einerseits gut, so mussten meine Tomatenpflanzen praktisch nicht gegossen werden und erfreuen sich trotzdem reichlichen Wachstums. Ein paar grüne Tomaten sind auch schon dran, und eine Gurke wurde nebenan an einer der beiden Gurkenpflanze auch schon gesichtet. Zu viel Regen hat aber auch seine Schattenseiten. In meinem Keller, es gibt dort keinen Estrich sondern nur Erdreich, wachsen jetzt kleine Pilze, der Bulgare würde sagen Pilzchen, denn er liebt die Verkleinerungsform. Im Nachbarstädtchen soll eine Brücke weggespült worden sein, weil das sonst eher kleine Flüsschen durch den vielen Regen stark angeschwollen war und die Brücke mitgerissen hat. Das will ich mir morgen ansehen. Heute geht es erstmal zum Basar, wo wir uns mit frischem Obst und Gemüse eindecken wollen. Nach dem Basar ist der Besuch des Supermarktes geplant, der hier "T-Market" heißt, eine litauische Kette. Obwohl ich "T-Market" nicht wirklich empfehlen kann, gehe ich hin, denn es ist der einzige im Örtchen und er hat regelmäßig Joghurt im Angebot. Also richtig guten bulgarischen Joghurt, man bekommt ihn in Deutschland gar nicht, der mit etwas Glück nur einen Lewa (50 Cent) anstelle von 1,50 Lewa (75 Cent) kostet. Wenn man zehn Joghurtchen nimmt, so wie es regelmäßig mache, spart man fünf Lewa, was immerhin 2,50 Euro sind. Im Wald (Foto oben) wird bereits wieder Holz gefällt, was sehr früh ist. Sonst wird dort erst im Herbst illegal Holz geschlagen. Dass es jetzt schon los geht, liegt daran, dass niemand weiß, wie teuer das Holz morgen sein wird. Es ist wie mit dem Gas in Deutschland. Da weiß auch niemand, wie teuer es morgen sein wird und wer es noch bezahlen kann. Der Preis für Holz hat sich in Bulgarien bereits jetzt verdoppelt. Alles wie gesagt illegal, also ohne Erlaubnis. Vielleicht ist das auch die Alternative fürs Gas in Deutschland. So wie im Berlin der Neunziger Strom illegal abgezweigt wurde, der ein oder andere erinnert sich. Strom illegal abzuzweigen ist ist einfacher als Gas illegal abzuzweigen, genauso wie illegal Bäume fällen. Das ist auch vergleichsweise einfach, man darf sich nur nicht erwischen lassen. Weil das mit dem Gas so schwierig ist, werden die Leute in der Heimat spätestens im Herbst auf die Straße gehen, einfach weil sie in ihren Wohnungen frieren, wenn sie nicht schon auf der Straße sitzen. Da es hier wie bereits erwähnt viel geregnet hat, sind auch meine Bäume weiter gewachsen. Für den nächsten Winter reichen sie zum Heizen auf jeden Fall, im Stall ist auch noch etwas Holz. Ich werde also eher hier in meinem einen warmen Raum den Winter verbringen, als dass ich in Berlin in meiner kalten Bude sitze. Es haben sich auch schon Menschen aus Deutschland bei mir gemeldet, die ähnliche Pläne haben. Jetzt weiß ich nicht, ob ich ihnen empfehlen soll, eine Motorsäge mitzubringen. Ganz ohne ist das auch nicht, so eine Motorsäge. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. So eine Motorsäge macht auch Lärm. Das ist, wenn man so will, gerade der Sound des ansonsten grünen Balkans.

Foto&Text TaxiBerlin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen