7.6.22

Bericht aus Bulgarien (168)

Man muss das Leben tanzen

Bin gerade am Sachen packen, wobei Sachen packen reichlich übertrieben ist, denn ich reise nur mit Handgepäck. Ich komme mit einem Billigflieger nach Berlin, etwas anderes kann ich mir nicht leisten. Billigflieger zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie billig sind, sondern dass sie einem darüber hinaus tierisch auf die Nerven gehen, wie ein fliegender McDonald. Alles muss man dreimal lesen, denn sie wollen einem ständig noch irgendeinen Scheiß dazu verkaufen. Alleine, wenn man sich vorher nicht selbst eincheckt, ist die Gebühr, besser Strafe, noch besser Verarschung, dafür noch höher als der ganze Flug kostet. Das muss man sich mal vorstellen! Schlimmer als der Billigflieger sind nur noch die anderen Fluggäste, die mit einem im Flugzeug sitzen. Früher habe ich deswegen immer Alkohol getrunken, wenn ich geflogen bin - um die anderen Menschen zu ertragen, vor allem ihre Nähe. Gut, ein bisschen Flugangst war auch dabei. Aber jetzt habe ich Menschenangst, mit der ich ganz ohne Alkohol klarkommen muss. Regelrecht phobisch reagiere ich deswegen seit einiger Zeit insbesondere auf Menschenansammlungen. Sie haben meist nichts Gutes zu bedeuten. Und das wird noch schlimmer werden in der nächsten Zeit, davon bin ich fest überzeugt. Was dagegen hilft, ist mit tänzelnden Schritten durchs Leben zu gehen. Ich mache das schon seit Jahren und kann es nur jedem empfehlen. Auch und gerade in Bulgarien ist das extrem hilfreich. Denn hier muss man ständig um die vielen Löcher herumtanzen. Es gibt auch die passende Musik dazu, allen voran den Klassiker "Дупка до дупка" ("Loch bei Loch"). Und auch die entsprechenden Schilder (siehe oben). Nachdem ich morgen nach Sofia getanzt bin, kann mir kein Billigflieger-Wohlstandsgesindel mehr etwas anhaben. Wenn ich eines in Bulgarien gelernt, dann dass man das Leben tanzen muss.

Foto&Text TaxiBerlin

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