15.3.22

Olaf Scholz spricht zu den Spaziergängern

Ich weiß, hört sich eher unwahrscheinlich an, aber genau das ist in Sofia passiert, und zwar am 23. Februar. Da hat der amtierende Ministerpräsident Kiril Petkow zu den 3.500 Demonstranten gesprochen, die in der bulgarischen Hauptstadt gegen ihn und seine Regierung demonstriert haben. Aber nicht nur das. Als erstes hat er dabei sogleich folgendes gesagt: „Ich bin hier, um ihre Kritik zu hören!“ – Schwurbler, Coronaleugner, Covidioten, Aluhüte, Verschwörungstheoretikern oder ähnliches kamen in seiner Rede nicht vor. Es sind also nicht alle so verrückt geworden wie die Deutschen, angeblich die Reiseweltmeister. Da sind sie nun so weit und überall hin gereist, haben fremde Länder gesehen und andere Kulturen kennengelernt, oder glauben dies zumindest, und denken immer noch, sie seien der Nabel der Welt. In Bulgarien beispielsweise kann man über mit Zollstock bewaffnete, den Mindestabstand ausmessende Polizisten in Deutschland nur lachen. Der eine bulgarische Polizist auf dem Foto mit Maske war praktisch der einzige auf der ganzen Veranstaltung, der eine Maske trug. Mit Zollstock bewaffnete den Mindestabstand ausmessende Beamte sind wie gesagt in Bulgarien gänzlich unbekannt. Auf so lächerliche Ideen können nur Deutsche kommen, die selbst aber nicht darüber lachen können, weil sie offensichtlich an den ganzen Zauber glauben, einschließlich Festnahme und Bestrafung bei Nichteinhaltung. Der Protest in Sofia, auf dem der amtierende Ministerpräsident zu 3.500 gegen ihn und seine Regierung demonstrierende sprach, verlief absolut friedlich, niemand wurde verhaftet oder verletzt, es kamen weder Gummiknüppel noch Pfefferspray zum Einsatz, und auch Wasserwerfer wurden in der bulgarischen Hauptstadt nicht gesichtet. Auf Abstände hat natürlich auch niemand geachtet und Masken wurden wie gesagt auch nicht getragen, sondern Schilder, beispielsweise folgendes mit einem Zitat von Christo Botew. Keine Sorge, Christo Botew war kein russischer Poet, Freiheitskämpfer und Nationalheld, sondern ein bulgarischer, obwohl man dazu sagen muss, dass der Bulgare dem Russen zwar das Alphabet geliefert hat, aber keine Waffen. Das ist die Wahrheit. Das mit dem kyrillischen  Alphabet, wovon sich auch der Vorname Kiril des amtierenden Ministerpräsidenten Petkow ableitet, war auch vor Christo Botews Zeit, der meinte, dass nur ein freier Mensch ein Mensch im vollständigen Sinne des Wortes sein kann. Übrigens hat Kiril Petkow auch zu dieser freundlichen Studentin der Universität in Sofia gesprochen, die in Deutschland eine gemeine Schwurblerin wäre, auch weil du es zulässt, dass man sie als solche bezeichnen darf, wofür du dich zumindest ein klein wenig schämen solltest.


Fotos&Text TaxiBerlin


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