14.3.22

Bericht aus Bulgarien (84)

Judenstern heute, oder:
Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd.

Alle meine Freunde und Bekannten in Deutschland leiden nach zwei Jahren Corona an Depressionen, sind gelähmt oder greifen zum Alkohol. Vielen von ihnen würden mich gerne besuchen kommen, sind aber zu antriebslos dafür. Ganz im Gegensatz zu den neuen Freund- und Bekanntschaften, die ich insbesondere aufgrund meines ersten Artikels „Bulgarien – die große Freiheit“ machen durfte. Der Text war so gut, dass sogar Der Spiegel in seinem Heft Nr. 1 sich seiner bedient hatte, mich nun aber in seinem vorletzten Heft Nr. 10 als Urheber und Multipolar als Ort der Erstveröffentlichung nennen musste.

Nachdem bereits unmittelbar nach dem Erscheinen meines Artikels alle neu gewonnenen Freunde ihr Kommen für dieses Jahr angekündigt hatten, hat jetzt auch einer meiner alten Bekannten aus Berlin all seinen Mut zusammengenommen und seinen Besuch für Ostern angekündigt, um in Bulgarien seine Depression auszukurieren.

Ich bin mir nicht sicher, ob dies wirklich möglich ist. Bulgarien ist trotz um einiges ärmerer, im Kopf aber klarerer Menschen und Mineralwasser an jeder Ecke kein Ort der Wunderheilung. Die Heilung, sowohl von Depressionen als auch von Infektionen, kommt von innen heraus und unter aktivem Mitwirken des Patienten. Etwas, was leider etwas in Vergessenheit geraten ist. 

Jedenfalls verstehe ich nach dem gestrigen Telefonat meinen Bekannten und seine Depression besser. Er erzählte mir, dass ein Freund von ihm vor einem Treffen seinen Impfstatus wissen wollte, und da sich mein Freund weigerte, ihm diesen zu nennen, sind sie nun nicht nur keine Freunde mehr, sondern kennen sich auch nicht mehr. Das irre ist, dass mein depressiver Bekannter zweimal geimpft ist, er dies seinem vermeintlichen Freund nur nicht als Voraussetzung für ein Treffen mit ihm sagen wollte, weil er dies als ungehörig empfand, was es wohl auch ist.

In Bulgarien, wo ich weder eine solche Frage, noch eine solche Geschichte je gehört habe, hat sich vor Jahren dafür folgende Geschichte zugetragen: Ein jüdisches Kind ist nach der Machtergreifung der Nazis mit seiner Mutter von Berlin nach Bulgarien geflohen. Dazu muss man wissen, dass Bulgarien offiziell zwar ein Verbündeter Hitlerdeutschlands war, man aber den Zirkus mit der Judenverfolgung nicht mitgemacht hat hier.

Im Gegenteil, die in Bulgarien lebenden Juden wurden ganz bewusst nicht deportiert, obwohl dies von Hitler so angedacht war. Das bulgarische Nachbarkind wollte nun mit dem jüdischen Kind aus Berlin spielen. Um ihrem Kind dies zu ermöglichen, nähten die Eltern ihrem Kind kurzerhand einen Judenstern an den Mantel. Eine wahre Geschichte, nachzulesen bei Angelika Schroppsdorf.

Nun wird immer wieder gesagt, dass sich der Nazivergleich verbiete. Meist sagen dies Leute, die ihre eigene Existenz dem Nazivergleich verdanken. Die Antifa, die so antifaschistisch ist wie der antifaschistische Schutzwall es einst war, gäbe es ohne den Nazivergleich gar nicht: Ohne Nazivergleich – Keine Antifa. Da die „Wir impfen euch alle“ Antifa die Faschisten unserer Zeit sind, muss man sie auch als solche klar benennen dürfen: Antifa = Faschisten. „Braune Schlägertruppe der Grünen“ habe ich auch schon gehört.

Was nun die Bündnisse der Bulgaren angehen, so ist das kleine Land am Rand unseres Kontinents auch als Orakel bekannt. Das bulgarische Orakel besagt, dass derjenige, der sich mit Bulgarien verbündet, den Krieg verlieren wird. Das letzte Bündnis, dem Bulgarien beigetreten ist, ist die EU, das vorletzte die NATO.

Vor dem erneuten Untergang wird man in Deutschland wohl noch die Bücher russischer Autoren verbrennen, mit Bücherverbrennungen kennt sich der Deutsche bekanntlich aus. Lesen darf man Russen schon jetzt nicht mehr und auch keine russischen Komponisten mehr hören. Russische Sprichwörter sind gerade noch erlaubt: „Die Toleranz wird ein solches Niveau erreichen, dass intelligenten Menschen das Denken verboten wird, um Idioten nicht zu beleidigen.“

Mein depressiver Freund, der zu Ostern nach Bulgarien kommen will, sorgt sich schon, vermutlich Depressionsbedingt, dass er von hier aus nicht mehr nach Deutschland zurückkommt, weil er „nur“ zweimal geimpft und nicht geboostert ist. Daraufhin habe ich ihm gestern am Telefon gesagt, dass er doch froh darüber sein soll, was er aber nicht verstanden hat. Vermutlich muss ich ihm irgendwann noch die Geschichte mit dem jüdischen Kind aus Berlin erzählen.

Foto&Text TaxiBerlin 

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