27.3.22

Bericht aus Bulgarien (93)

 

Auf dem Slaweijkow in Sofia

Heute gab es um 18:30 Uhr Ortszeit Kiew in Sofia eine Demonstration gegen den Krieg in der Ukraine. Ich habe durch Zufall davon erfahren, weil auf dem Slaweijkow Platz, auf dem sich einst der beste Buchbasar der bulgarischen Hauptstadt befand, den man vor einigen Jahren platt gemacht hat, eine Anzeigetafel darüber informierte. Über den Platz musste ich, weil sich in einer Seitenstraße das Antiquariat von Konstantin befindet.

Von Passanten erfuhr ich, dass der Protest in Form eines Konzertes auf dem Battenberg Platz um die Ecke stattfindet. Der bulgarische Horo, also der traditionelle Ringtanz, war noch nicht das Konzert, aber immerhin kurz davor, und zwar an einer Ecke des Verteidigungsministeriums, in dem neulich noch der amerikanische Kriegsminister empfangen wurde.

Bulgarischer Horo vor dem Verteidigungsministerium

Das Friedenskonzert eine Ecke weiter war ein Rockkonzert, was eine gewisse Überraschung war, denn ich hatte mit Klassik gerechnet. Die Stimmung auf dem Battenberg Platz, auf dem sich vielleicht 4.000 Menschen versammelt hatten, war der Musik entsprechend irgendwas zwischen Woodstock und Pfingsttreffen.

Zwischen Woodstock und Pfingstreffen in Sofia

Wie auf Rockkonzerten üblich, wurde auch auf dem heute in Sofia gesoffen ohne Ende. Es war aber nicht einfach nur ein Saufen für Frieden, immerhin ging es um den Krieg in der Ukraine, sondern, wie in Bulgarien üblich, ein Rauchen und Saufen für den Weltfrieden.

Kämpfen mit "Corona"

Nimm zwei!






Einziger Maskenträger auf dem Konzert

Bulgarische Polizei wie gewohnt entspannt

Rauchen und Saufen für den Frieden




Für den Weltfrieden

Handy am Ohr und Bier im Arm




Der heutige Protest in Sofia war nicht der erste, auf dem ich war, sondern der vierte. Ich hatte über die drei davor hier, hier und hier berichtet. Da auf keinem Protest bisher Alkohol getrunken wurde, bin ich mir nicht sicher, welcher nun der richtige und welcher der falsche Protest war. Weil in Bulgarien alles immer umgedreht ist, komme ich immer mehr zu der Überzeugung, dass ich heute auf dem richtigen und in der Vergangenheit auf den falschen Protesten war.

Mein Weg zurück führte mich an dem Denkmal für die Sowjetische Armee vorbei, über das neulich sogar der Spiegel berichtet hat. Jemand hatte das Denkmal mit einem Grafitto versehen, und wenn auch nur für einen Tag, so ist es dem Spiegel nicht nur gelungen, ein Foto von dem Grafitto zu machen, sondern auch noch jemanden mit Stars&Stripes Mütze durchs Bild laufen zu lassen. Das ist man in Hamburg seinem Sponsor aus Amerika schuldig.

Heute gab es im Schatten des Denkmals für die Sowjetische Armee, um genau zu sein hinter ihm, Südamerikanische Tänze, bei denen weder geraucht noch getrunken, sondern einfach nur getanzt wurde. Erneut habe ich mich gefragt, ob ich ein weiteres Mal auf der falschen Veranstaltung bin. Aber tanzen, rauchen und saufen gleichzeitig geht glaube ich nicht - nicht mal in Bulgarien.





Fotos&Text TaxiBerlin

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