Silvester habe ich diesmal mit alten und neuen Freunden auf einer Esel-Farm in einem der zahlreichen Gebirge Bulgariens verbracht. Insgesamt waren wir 11. Ein bulgarischer Freund und Tierarzt, der die Farm betreut, hatte uns eingeladen. Mich, meine Partnerin aus Kalifornien und Kollegin aus New York. Eine Bulgarin, die in Italien groß geworden und eine weitere, die in Frankreich aufgewachsen ist. Der bereits erwähnte Engländer, der seit zehn Jahren in Bulgarien lebt. Und eine Lehrerin für bulgarische Literatur aus Sofia, um nur einige zu nennen.
Von den 11 sind drei geimpft gewesen. Acht waren es nicht, was in etwa dem Landesdurchschnitt entspricht. Die Lehrerin aus Sofia war Ende vergangenen Jahres an Corona erkrankt, allerdings nicht schwer, eher wie eine normale Grippe. In Bulgarien wird sie jetzt, was das Impfen angeht, ein Jahr in Ruhe gelassen. Sie unterrichtet auch schon wieder. Ansonsten spielte Corona bei unserem mehrtägigen Zusammensein keine Rolle. Nur einmal kamen wir auf das Thema zu sprechen. Die drei Geimpften sagten unisono, dass sie nicht an die Impfung glauben würden, und dass sie sich nur impfen lassen haben, um reisen zu können. Dass damit ein Impf-Abonnement verbunden ist, daran hätten sie nie im Leben gedacht. Sie dachten wie viele anderen auch: Einmal impfen, maximal zweimal – und gut. Nun überlegen sie, wie sie aus dem Impf-Kreislauf herauskommen, das Impf-Abonnement wieder loswerden können.
Statt über Corona haben wir uns über andere Dinge ausgetauscht, beispielsweise über Filme und Bücher. Wir haben auch viel getanzt und so einiges gekocht. Ich zum Beispiel habe Hering-Salat gemacht, der gut angekommen ist. Jemand hat Brot gebacken. Es gab auch Humus, Pizza & Pasta, außerdem Schnitzel und bulgarische Spezialitäten wie „swinsko s sele“, Schweinefleisch mit eingelegtem Kohl. Geböllert haben wir nicht, auch der Esel wegen. Ich erwähne das mit dem Knallen, weil in Bulgarien dafür das deutsche Wort „Feuerwerk“ verwendet wird. In der Mehrzahl heißt es dann „Feuerwerki“, und die Mehrzahl mit Artikel sind „Feuerwerkite“. Diese Vokabeln werden auch in den offiziellen Nachrichten in Bulgarien verwendet, was irgendwie witzig klingt. Ich hatte es vorher im Autoradio gehört. Auf der Esel-Farm gibt es weder Fernsehen noch Radio. Dafür ein Klavier, auf dem gespielt wurde, meistens Schubert, aber auch Beethoven, Mozart, Liszt und Tschaikowski.
Viel Zeit haben wir auch mit den Eseln verbracht. Mindestens einmal am Tag sind wir mit ihnen losgezogen. Dazu muss man wissen, dass sich der Esel seinen Menschen aussucht, mit dem er losziehen möchte, und nicht umgedreht. Eine Wanderung mit einem Esel beruhigt ungemein, macht drüber hinaus klug und sieht auch noch gut aus. Die Esel auf der Farm haben alle schon einen Chip unter der Haut. Auch sonst hat der Esel uns viel voraus, kann man einiges von ihm lernen. Mein Esel beispielsweise hat mich auf eine Idee gebracht, an die ich bisher nicht gedacht hatte. Dazu muss man wissen, dass in Bulgarien praktisch alles möglich ist, was anderswo undenkbar wäre. So wie umgedreht Dinge unmöglich sind, die andernorts normal geworden sind – leider.
Beispielsweise Ungeimpfte zum Sündenbock für alles zu machen. Sie nicht mehr medizinisch zu behandeln, selbst wenn sie kein Corona haben, was kaum mit dem Hippokratischen Eid vereinbar sein dürfte. Oder sie gar als Blinddarm zu bezeichnen, auf den man verzichten kann und besser auch sollte. Das ließ eine Frau der Welt via Twitter wissen, die für Öffentlich/Rechtlich arbeitet, die mit dem Bildungsauftrag. Als nächstes wird Sarah Bosetti, so heißt die Dame, wohl selbst Hand anlegen und eine Appendektomie vornehmen, möglicherweise ohne Anästhesie. Wahrscheinlich delegiert sie aber auch die „gute Tat“. Sicher dagegen ist, dass die Verrohung der Sprache Taten ankündigt, die demnächst folgen werden. Genauso sicher ist, dass es irgendwann ein Buch genau darüber geben wird mit dem Titel: „LCI – Lingua Coronää Imperii“.
Alles Erscheinungen, die es so in Bulgarien nicht gibt, weswegen das kleine Land am Rande unseres Kontinents für mich „Die große Freiheit“ ist. Äußerungen, wie die von Sarah Bosetti, lassen mich aber selbst in 2.000 Kilometer Entfernung aufhorchen. Auch ihr würde ich grundsätzlich eine Wanderung mit einem Esel empfehlen, wenn es dafür nicht schon zu spät ist für sie. Mich hat mein Esel jedenfalls auf eine Idee gebracht. Um genau zu sein, war es wohl die Bulgarisch-Lehrerin, aber auch ich möchte Fünfe auch mal gerade sein lassen. Die Idee ist, sich von irgendwo Corona zu „holen“, denn selbst das ist in Bulgarien möglich. Und möglicherweise ist es auch das Sinnvollste, was man tun kann. Denn mit Corona weiß man, was man hat – im Gegensatz zur Impfung. Das hat mir zumindest mein gechipter Esel „geflüstert“. – Und ich glaube, er hat Recht.
Foto&Text TaxiBerlin
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen