17.8.21

Lieber krank als böse

Aktuelles Graffito in den Straßen von Sofia, Hauptstadt Bulgaristans
Wassil Lewski* mit Maske: „Wäre ich wie du, wäre hier noch Türkei.“

In Afghanistan, dem großen Bruderland von Bulgaristan, wie Bulgarien in der Türkei genannt wird, geht mit dem Abzug der amerikanischen Truppen gerade der „War On Terror“ zu Ende. Der Krieg gegen den Terror hat ziemlich genau zwanzig Jahre gedauert. Terroristen gibt es immer noch, nicht nur in Afghanistan sondern überall auf der Welt, und es wird sie vermutlich auch immer geben. In Afghanistan heißen die Terroristen Taliban. Früher nannte man sie Mudjahedin. Da waren sie noch Verbündete des Westens in einem anderen Krieg – dem Kalten Krieg gegen die Sowjetunion. Heute heißen sie wie gesagt Terroristen, sie sind stärker als je zuvor, und sie ziehen gerade dort ein, wo der Amerikaner gestern ausgezogen ist. Das Kriegsziel war, an das insbesondere Menschen in Allemanya geglaubt haben, aus Afghanistan eine Demokratie zu machen wie aus Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Aktuell fällt dem sich zurückziehenden Amerikaner allerdings nichts anderes ein, als von den vorrückenden Terroristen zu fordern, doch bitte nett zu sein oder es zumindest nicht zu toll zu treiben. Der Krieg gegen den Terror, der mit dem Abzug der Amerikaner sang- und klanglos und ohne Sieg zu Ende geht, wird nicht offiziell für beendet erklärt. Das ist auch nicht nötig, denn niemand interessiert sich mehr für diesen Krieg. Es wird auch weiterhin noch die ein oder andere Exekution mittels Drohne und Joystick vom heimischen Computer aus geben. Aber das ist dann kein Krieg mehr, sondern sind nur noch Nadelstiche.

Der Krieg gegen den Terror wurde vom Krieg gegen Corona abgelöst. Beim Krieg gegen Corona befinden wir uns nun im zweiten Jahr. Corona offiziell den Krieg erklärt hat zuerst der Franzose und nicht der Amerikaner. Trotzdem ist davon auszugehen, dass der Krieg gegen Corona genauso sang- und klanglos und ohne Sieg zu Ende geht wie der Krieg gegen den Terror. Auch der Krieg gegen Corona wird nicht offiziell für beendet erklärt werden. Es wird dann bereits einen neuen Krieg geben. Möglicherweise ein Krieg gegen Außerirdische, auch wenn diese für ihn erfunden werden müssen. Vielleicht auch „nur“ ein Bürgerkrieg, der unter Umständen schon begonnen hat, wenn man die aktuellen Bilder von den Straßen Frankreichs und Italiens richtig interpretiert. Jedenfalls wird sich dann niemand mehr für den Krieg gegen Corona interessieren, obwohl Corona stärker sein wird als jetzt, genauso wie die Terroristen jetzt stärker sind als während des Krieges. Immerhin haben die Angstmacher mittels der Macht der Bilder vom Corona-Virus mit seinen unzähligen Stacheln das erreicht, wovon die Kommunisten mit ihrem einen Stern und seinen fünf Zacken, die für die fünf Kontinente stehen, immer geträumt aber niemals erreicht haben: Die Verängstigten aller Länder, die nichts zu verlieren haben als ihre Angst, haben sich vereinigt, besser: wurden zwangsvereinigt. „Rübermachen“ - also in den Westen gehen - ist nicht mehr! Wie lange jetzt der Krieg gegen das Corona-Virus dauert, das es vermutlich genauso wie den Terroristen immer geben wird, ist noch nicht abzusehen. Es ist allerdings zu vermuten, dass der Krieg gegen Corona wegen der großen Angst eher 30 Jahre als 20 Jahre, wie der Krieg gegen den Terror, wo die Angst weit weniger groß war, wenn nicht gar 50 Jahre dauern wird.

Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass viele von uns das Ende des Krieges gegen Corona nicht mehr erleben werde. Unabhängig davon, ob der Einzelne den sang- und klanglosen Abzug der Anti-Corona-Truppen in einem Krieg ohne Sieg und dem damit verbundenen Untergang des falschen Propheten mit der Spritze noch selbst miterleben wird oder nicht, gilt es jetzt durchzuhalten. Ein jeder ist gut beraten, sich eine Nische zu suchen, in die er sich zurückzuziehen kann, sich dort einzurichten, und zwar für länger. Vor allem kommt es aber darauf an, jetzt nicht böse zu werden. Vielleicht das wichtigste überhaupt: Nicht böse werden! Auch der Gute kann böse werden. Gerade der Gute ist besonders gefährdet, böse zu werden, denn das ständige gut sein ist auf die Dauer wahnsinnig anstrengend. Das gut sein an sich ist nicht anstrengend, aber die damit verbundene Unterdrückung des Bösen, das zum gut sein dazu gehört wie zur Rose der Dorn. Dann lieber krank! Das mag sich erstmal komisch anhören, ist aber absolut ernst gemeint. Angst ist nicht nur ein schlechter Ratgeber, sondern macht auf Dauer auch krank oder böse. Denn der Krieg findet diesmal nicht im fernen Afghanistan sondern im eigenen Land statt, weswegen ein jeder von uns früher oder später zwangsläufig vor der Entscheidung steht, entweder krank oder böse zu werden. Und so wie man vor vierzig Jahren zu Zeiten der Nachrüstung im Westen „Lieber rot als tot!“ empfahl, empfiehlt sich heute in Zeiten der permanenten Angs- und Panikmache: „Lieber krank als böse!“

PS: Das Nationale Radio Bulgaristans vermeldet soeben fünf Tote am Flughafen von Kabul. Der aktuelle Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan erinnert auch hier an den Abzug der Amerikaner aus Vietnam. In dem Zusammenhang wird im Radio gerade Präsident Biden zitiert (man stelle sich vor, Trump hätte die Truppen aus Afghanistan zurück gezogen!), der gesagt haben soll, dass es keinen Grund (mehr?) für amerikanische Truppen in Afghanistan gäbe. Weiterhin wird vermeldet, dass Yunanistan, wie Griechenland auf Türkisch heißt, sich wegen einem Ansturm von Flüchtlingen aus Afghanistan an seiner Grenze zur Türkei sorgt.

* Wassil Lewski, eigentlich Wassil Iwanow Kuntschew, geboren 1837 in Karlowo / Zentral-Bulgaristan, organisierte den Widerstand gegen die Amerikaner die Osmanen, von ihnen hingerichtet 1876 in Sofia, Hauptstadt Bulgaristans


Fotos&Text TaxiBerlin

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