Es ist noch nicht lange her, dass mein Interview mit Hans-Joachim Maaz erst auf Multipolar und später als Podcast auf Radio München mit dem Titel "Es ist ein Kulturkampf" veröffentlicht wurde. Dass wir es aktuell mit einem Kulturkamp zu tun haben, hat nun auch der britisch-indische Autor Salman Rushdie bestätigt, dem am gestrigen Sonntag der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen wurde. Doch der Reihe nach. In einem Interview mit dem Spiegel mit dem Titel "Es wächst eine Generation heran, die es sich unendlich leicht macht" spricht Rushdie, den ein islamistischer Attentäter am 12. August 2022 ermorden wollte, über Empörungskultur und Zensur und warum er die Freiheit der Rede von links wie von rechts bedroht sieht. Der Leser erfährt, dass es rein gar nichts bedeute, sich für die freie Rede von Leuten einzutreten, mit denen man einverstanden ist. Die Verteidigung der Meinungsfreiheit beginne dort, wo man sich für Leute einsetzt, mit denen man nicht einer Meinung ist. Dies sei aber nur der Anfang. Der eigentliche Kampf wird dort geführt, wo man Leute verteidigt, deren Meinung man sogar verabscheut. Der Spiegel fragt nach, ob Rushdie es also mit Voltaire halte, der gesagt haben soll: "Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen." Darauf Rushdie: "Exakt. Mit der kleinen Einschränkung, dass Voltaire das nie gesagt hat. Aber ja. Nun muss ich es mit meinen eigenen Worten einer jungen Generation beibringen, die nicht mehr an die freie Rede glaubt und Säuberungen befürwortet. Und das in einem Land, in dem das Recht darauf im ersten Verfassungszusatz verbrieft ist. Es wächst eine Generation heran, die in Empörung und Gekränktheit ihre zentralen Konzepte gefunden hat. Eine Generation, die es sich unendlich leicht macht." Damit auch Spiegel Leser es verstehen, erklärt Rushdie, dass es viel bequemer sei, jemandem zum Schweigen zu bringen, als ihn zu konfrontieren und argumentativ zu überzeugen. Der Spiegel fragt nach, ob Rushdie von einem Kulturkampf sprechen würde. Salman Rushdies Antwort: "Was sonst? Eine der Sachen, bei denen Karl Marx sich geirrt hat, war sein 'Primat der Ökonomie'. Langsam merken wir, dass es ein Primat der Kultur gibt. Was bringt die Menschen heute am meisten auf die Palme, worum kämpfen sie bis aufs Blut? Kulturelle Fragen, nicht ökonomische Fragen. Menschen wählen sogar gegen ihre ökonomischen Interessen, wenn es in ihrem kulturellen Interesse liegt."
Text Rumen Milkow
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