21.9.23

Zurück in Bulgarien (053) - "Vom Holzmachen und Holzfällen"

Ankündigung des Theaterstücks im Internet (Screenshot)
Das Buch von Thomas Bernhard wurde vom Verlag "Atlantis" übersetzt

Gestern habe ich Holz gemacht, genauer: klein gemacht, denn in den Schluchten des Balkans hat der Herbst Einzug gehalten, der Winter steht vor der Tür. Heute nun fahre ich nach Sofia, um mir das Stück "Holzfällen" nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Bernhard anzusehen. Es ist ein "Ein-Personen-Stück", von dem mein Freund und Übersetzer Martin sagt, dass es sehr gut sei. Gerade fällt mir ein, dass Martin auch Fan von Thomas Bernhard ist. Er hat sogar einmal aus dem Briefwechsel von Thomas Bernhard mit seinem Verleger Siegfried Unseld vom Suhrkamp Verlag ein Theaterstück gemacht. Der Briefwechsel beginnt mit einem ersten Brief von Bernhard an Unseld vom 22. Oktober 1961, der mit den Sätzen endet: "Ich kenne Sie nicht, nur ein paar Leute, die Sie kennen. Aber ich gehe den Alleingang." Auch ich bin den Alleingang gegangen. Ich kannte weder bei Multipolar, noch beim Rubikon, der heute Manova heißt, irgendjemanden, und auch nicht bei der Epoch Times oder der Berliner Zeitung. Heute, nachdem dort Texte von mir erschienen sind, kenne ich dort Leute. Doch zurück zu "Holzfällen", das ich mir heute in Sofia ansehen werde. Die zentrale Person ist ein Erzähler, der in einem Ohrensessel sitzt und eine Abendgesellschaft kommentiert, genauer "ein künstlerisches Abendessen" in Wien. Die Gesellschaft wartet mit dem Abendessen auf einen Schauspieler, der einfach nicht kommen will, obwohl es bereits fast Mitternacht ist. Der Kommentator, also Bernhard, macht sich über die Verlogenheit und Falschheit der Anwesenden und des nichtanwesenden Schauspielers lustig. Da sich einige in den von Bernhard beschriebenen Personen wiedererkannten, war das Buch einige Zeit in Österreich verboten. Genau wurde es von der Polizei aus den Regalen der Buchhandlungen entfernt. Bernhard wird gerne vorgeworfen, dass er sich nur über andere lustig gemacht hätte, was stimmt, sieht man von dem Wörtchen "nur" ab. Das stimmt nicht, denn er hat sich immer auch über sich selber lustig gemacht, sich selbst einen "Betrüger" und "Heuchler" genannt. Ohne dem würden seine Bücher auch nicht funktionieren. Dass sie funktionieren, das habe ich neulich sogar in den USA getestet. Ich hatte "Holzfällen" auf amerikanisch als Geschenk im Gepäck gehabt. Das Buch wurde praktisch nie aus der Hand gelegt. Immer hat irgendjemand darin geblättert und sich über den Inhalt amüsiert. Ich bin gespannt, wie es mir heute Abend mit den alten Grantler aus Österreich ergeht.

Fotos&Text TaxiBerlin

2 Kommentare:

  1. Anonym21.9.23

    Bin sehr neugierig, wie Bernhard auf Bulgarisch rüberkommt! Wie genial, dass seine Werke dort auch Resonanz haben. Und wie natürlich.

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  2. Danke für deinen Kommentar und deine Neugierde, über die ich mich ganz besonders freue. Neugierde wird total unterschätzt heutzutage - die Menschen wissen immer schon alles oder glauben es zumindest.

    Was das Stück von Thomas Bernhard angeht, das ich mir in Sofia ansehen wollte, muss ich dich leider enttäuschen. Ich habe es verpasst. Wie es dazu kam, beschreibe ich in meinem heutigen Beitrag.

    Ich hoffe, du bleibst mir und meinem Blog trotzdem gewogen. Am 18. Oktober wird das Stück erneut aufgeführt in Sofia. Dann werde ich einen neuen Anlauf starten, es zu sehen. Drück mir die Daumen, dass es diesmal klappt!

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