16.2.23

Bericht aus Bulgarien (473) - "Teuro? Nein, Danke!"

"Wir behalten den bulgarischen Lew"

Obigen Flyer gegen die Einführung des Teuro zum 1. Januar 2024 stammt aus einem kleinen Laden für Bio-Produkte in Montana, in dem ich am Montag nach dem Flohmarkt war. Die Flyer lagen dort einfach so rum, als wäre es das normalste der Welt, dabei sind sie von der Partei "Wiedergeburt", die in Deutschland ausschließlich als "nationalistisch" oder gar "ultranationalistisch" bezeichnet wird. Chef der Partei "Wiedergeburt" ist Kostadin Kostadinow, mit dem ich im Juli vergangenen Jahres im bulgarischen Parlament ein Interview geführt habe. Auch im bulgarischen Fernsehen und Radio wird Kostadinow regelmäßig interviewt, und das ganz normal, also ohne den Zusatz, dass seine Partei "nationalistisch" oder gar"ultranationalistisch" sei, und wie jeder andere auch. Darüber müsste man sich bei der taz in Berlin eigentlich wundern, denn diese behauptete im September über Kostadinow noch folgendes: "Der 43-Jährige ergeht sich regelmäßig in Hetz- und Hasstiraden gegen Minderheiten, wie die Roma und Angehörige der LBGTQ-Community." Da ich noch nie etwas von diesen Hetz- und Hasstiraden gehört habe, obwohl ich jetzt schon eineinhalb Jahre permanent in Bulgarien lebe und diese mit Sicherheit auch hier justiziabel wären, habe ich bei der taz angefragt. Insgesamt fünf (5) Presseanfrage habe ich als freier Journalist, also als Kollege, bei der taz gestellt. Ich meine, bei regelmäßigen Hetz- und Hasstiraden sollte es kein Problem sein, wenigsten ein oder zwei davon nennen zu können. So dachte ich. Eine Antwort habe ich von der taz trotzdem nicht bekommen. Im Gegenteil, meine letzte e-mail kam postwendend mit der Bemerkung "Die Nachricht wurde blockiert" an mich zurück. Warum die taz denkt, mit dieser Berichterstattung bei ihren Lesern durchzukommen, erkläre ich mir damit, dass man über den Balkan alles berichten kann, weil die Leute alles glauben über den Balkan. Selbst ich, denn auch ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, was ich denken und vor allem, was ich von obigem Flyer halten soll, was die richtige Haltung ist. Ich habe ihn nur mitgenommen, weil ich nicht wollte, dass der kleine Laden für Bio-Produkte von linken Schlägern heimgesucht wird. Der Laden ist wirklich schön und der Verkäufer ist sehr sympathisch. Er hat mir Rooibos-Tee organisiert und mich danach noch zweimal angerufen. Aber das ist mal wieder sehr deutsch gedacht, wie mir im Nachhinein klar geworden ist. Denn eine deutsche Antifa, die so antifaschistisch ist, wie der antifaschistische Schutzwall es einst war, gibt es in Bulgarien nicht. Gerade bin ich dabei den Flyer zu lesen, damit ich demnächst darüber berichten kann. Eines kann ich jetzt schon verraten. Die von Kostadinows Partei "Wiedergeburt" organisierte Unterschriftensammlung fordert eine Volksbefragung, also ein Referendum, darüber, ob die Einführung des Euros nicht besser auf das Jahr 2043 verschoben werden sollte, falls es den Teuro dann noch gibt. Dass der Euro vor allem eines ist, und zwar ein Teuro, das wissen die Menschen auch in den Schluchten des Balkans.

Foto&Text TaxiBerlin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen