4.12.22

Bericht aus Bulgarien (316) - "Euro? - Nein danke!"

 

Plakat auf dem Protest in Sofia am Samstag, 3. Dezember 2022

Gestern gab es in der bulgarischen Hauptstadt einen Protest gegen den Euro, der 2024 im Land eingeführt werden soll. In diesem kurzen Beitrag soll es nicht um das Pro und Kontra dazu gehen, sondern um die Stimmung auf dem Protest, an dem knapp 3.000 Menschen teilnahmen. Ich habe kurzfristig und durch Zufall von ihm erfahren. Um 8 Uhr morgens erhielt ich den Anruf eines Bekannten aus Montana, der mir eine Mitfahrgelegenheit anbot. Zu dem Zeitpunkt war ich bereits in Sofia, aber aus anderen Gründen. Der Protest, der vor dem bulgarischen Parlament und im Schatten des Reiterdenkmals begann, wo es mehrere Ansprachen gab, führte über das bulgarische Finanzministerium zum Sitz des Europäischen Parlamentes in der Rakowski Straße, in der auch einst meine Oma wohnte. 

Auf dem Weg wurden die Demonstranten von Menschen auf Balkonen bzw. vom Fenster aus von Einwohnern der Stadt Sofia unterstützt, beispielsweise von diesen Studenten der Staatlichen Schauspielschule. Dazu muss man wissen, dass die Demonstration von der Partei "Wiedergeburt" organisiert wurde, die in Deutschland immer als nationalistisch, wenn nicht gar ultranationalistisch bezeichnet wird.

Vor dem Sitz der Europäischen Kommission wurde eine Mülltonne mit der Europafahne beklebt und eine Handvoll Bengalos (rote und auch weiße) gezündet, was die Polizisten aber unbeeindruckt ließ. Und nicht nur das. Die Ordnungshüter machten darüber hinaus den Eindruck, nicht nur Verständnis für die Protestierenden und ihren Protest zu haben, sondern ihn insgeheim auch gutzuheißen.

Den obersten Ordnungshüter, das ist der Herr mit den zwei goldenen Sternen auf den Schulterstücken, kenne ich mittlerweile persönlich. Wir haben uns per Handschlag begrüßt und uns nach dem Befinden des jeweils anderen erkundigt, während er sein Walkie-Talkie am Ohr hatte. Wie man sieht, ließ auch ihn der Rauch der Bengalos unbeeindruckt.

Der Mann ist einfach eine Frohnatur, der immer guter Dinge ist. Seine Uniform trägt er aus Verbundenheit zu seinen Untergebenen, wie er mir mal erzählt hat.

An der guten Protest-Stimmung, sowohl bei der Polizei, als auch bei den Protestierenden, änderte auch nichts, dass Geldscheine verbrannt wurden, und zwar sowohl kleine,

als auch große.

Und auch nicht, dass ebenfalls Klopapier (ausgerechnet Klopapier)

und am Ende sogar Eier auf das Gebäude geworfen worden.

Der Protest verlief absolut friedlich, niemand wurde verhaftet, und die Eier liegen jetzt noch vor dem Eingang des Gebäudes. Ich bin heute extra nochmal vorbeigelaufen, um sicher zu gehen.

Fotos&Text TaxiBerlin

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