11.6.22

Bericht aus Berlin (6)

Gesucht und gefunden

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nur ein Buch am Tag zu kaufen. Dieser Vorsatz ist gestern schon den Bach runter gegangen, denn ich habe beide Bände "Männerphantasien" gefunden, die ich am Sonntag auf dem Flohmarkt finden wollte. Gefunden habe ich sie bei "Sparbuch" in der Frankfurter Allee, einem meiner Tatorte. Sie sind wichtig für mich, weil mich das Thema interessiert, ich darüber schreiben will, und da vor allem über die sexuellen Phantasien. Um die geht es zwar auch in den beiden Büchern von Klaus Theweleit, aber in einer überdrehten, wenn nicht gar verdrehten Art und Weise, den die Achtundsechziger damals hatten. Nicht alles, was die Achtundsechziger dachten und wollten ist gut und richtig, nur weil es die Achtundsechziger waren. Im Gegenteil, ziemlich viel von dem ist ganz schöner Quatsch. Deswegen überlege ich schon, die beiden Bücher gleich wieder zu verkaufen. Überhaupt denke ich darüber nach, "TaxiBerlins BauchLaden" bei Booklooker wieder aufzumachen. Was dagegen spricht, ist der Umstand, dass ich nur drei Wochen in Berlin bleiben werde. Danach will ich wieder auf dem Balkan sein. Aber immerhin werden die beiden Bände von Theweleit dort, also bei Booklooker, zwischen 50 und 130 Euro gehandelt. Ich habe vier Euro investiert. - Die von mir als büchersüchtig bezeichneten Personen sind genau gesagt Kollegen, die die Bücher, die sie kaufen, weiterverkaufen und versuchen davon zu leben. Das scheint immer schwerer zu werden, was wahrscheinlich auch ein Grund für ihr Grunzen war, nachdem ich sie zuvor höflich gegrüßt hatte. Sie haben mir nicht gesagt, wie das Geschäft läuft, sie haben mich nur angegrunzt. Aber da ich Augen im Kopf habe und sehe, wie viele interessante Bücher gerade in den Antiquariaten rumstehen, vermute ich, dass ihr Geschäft alles andere als gut läuft, sie möglicherweise frustriert sind, und dann grunzt man die plötzlich auftauchende potentielle Konkurrenz natürlich an, wofür ich sogar Verständnis habe. Wofür ich kein Verständnis habe, ist das falsche Denken dieser Leute. Mit falschem Denken meine ich, dass der Wert eines Buches an dem Preis gemessen wird, für den man es verkaufen kann. Das wusste schon Oscar Wilde, dass das Quatsch ist, als er sagte: "Heute kennt man von allem den Preis, von nichts den Wert." Und das würde ich auch über die beiden Bände "Männerphantasien" von Theweleit sagen. Ich meine, 50 bis 150 Euro sind für mich viel Geld, damit könnte ich meinen Rückflug nach Sofia bezahlen. Wert sind die Bücher es nicht, also inhaltlich meine ich. Aber immerhin handelt es sich um eine Erstausgabe von 1977 vom "Verlag Roter Stern", es ist also nicht der billige Nachbau von "Rowohlt". Wer Interesse an ihnen hat, kann mir 'ne e-mail schreiben. Irgendwie muss ich zurück nach Bulgarien kommen.

Foto&Text TaxiBerlin 

2 Kommentare:

  1. Um den "Wert" eines Buches ermessen zu können, sollte man es gelesen und verstanden bzw. nachvollzogen haben, was der Autor sagen möchte. Ich vermute, dass es dir noch nicht gelungen ist beide Bände zu lesen. Daher vermute ich weiter, dass dein Urteil dadurch zustande kommt, dass du dem Motto anheimgefallen bist "Judge a book by its Cover", zumindest lassen dies die beiden Abbildungen vermuten.

    Aber alles sind, wie gesagt, Vermutungen. Und vielleicht tue ich dir Unrecht, weil du ein Schnellleser bist und wenig Schlaf benötigst und daher die frisch gekauften alten Werke in so kurzer Zeit dir einverleiben konntest.

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  2. Alles richtig, was du schreibst. Ausser vielleicht, dass es kein "Urteil" ist, eher eine Meinung, und zwar meine, die auch damit zu tun hat, was ich suche, insbesondere bei einem solchen Titel. Die Intention des Autors scheint mir eine andere zu sein als meine. Ich würde so weit gehen und sagen, dass diese auch der Zeit geschuldet war, in der er es geschrieben hat, was wiederum normal ist, und was nicht bedeutet, dass man daraus nicht lernen könnte. Ganz im Gegenteil.

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