Mein Freund und Filmemacher Andreas Wilcke hat mich gebeten, etwas Werbung für die Premiere seines neuen Films „Volksvertreter“ am Freitag um 19:30 Uhr im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz zu machen. Andreas hat vor einigen Jahren den bis heute sehenswerten Film „Die Stadt als Beute“ über den Ausverkauf Berlins gemacht, der lange in den Kinos der Hauptstadt lief.
Irgendwann habe ich ihn zufällig auf dem Flohmarkt Boxhagener Platz in unserem gemeinsamen Friedrichshainer Kiez kennengelernt, wo ich, als ich noch in Berlin gelebt habe, nicht nur regelmäßig nach Büchern gesucht, sondern auch immer mal wieder selbst Bücher verkauft habe. Dazu muss man wissen, dass Andreas und ich die Sucht nach Büchern teilen. Seitdem ich trocken bin, muss ich aufpassen, dass meine Büchersucht nicht ausufert, ganz einfach weil die Summe aller Süchte immer gleich bleibt, was aber schon wieder ein anderes Thema ist.
Zurück zu dem neuen Film „Volksvertreter“ von Andreas, für den er drei Jahre lang Filmaufnahmen bei der AfD gemacht hat. Filmaufnahmen bei der AfD zu machen ist nicht schwer. Schwer dagegen ist es heute einen Film zu machen, der ohne Kommentar auskommt, weil man den Zuschauer für klug genug hält, sich seine eigene Meinung bilden zu können.
Da ich von den Kämpfen und Schwierigkeiten weiß, die Andreas damit hatte, würde ich sagen, es ist zu einem Ding der Unmöglichkeit geworden. Oder, um es mit anderen Worten zu sagen: Ohne Kommentar – keine Förderung, und somit kein Film, zumindest in den allermeisten Fällen. Andreas ist da eine ganz große Ausnahme, weil er Film-verrückt ist, genauso wie er Bücher-verrückt ist.
Alleine deswegen ist der Film, von dem ich Ausschnitte gesehen habe, sehenswert. Denn nicht nur von Journalisten wird heute eine Haltung erwartet, natürlich immer nur die richtige – das ist klar, sondern auch von Filmemachern und Schriftstellern, damit dieser einen Film herausbringen und jener ein Buch veröffentlichen kann. Was für ein merkwürdiges Menschenbild muss man haben?!?
Andreas, der sich zu „Volksvertreter“ unter anderem von dem Film „Aggregat“ von Marie Wilke hat inspirieren lassen (wir haben ihn zusammen in einem Kino im Friedrichshainer Kiez gesehen), der eine ähnliche Thematik hat und auch ganz ohne Kommentare auskommt, wurde auch schon - wie zu erwarten - angefeindet wegen seinem neuen Film. Er würde Rechten ein Plattform bieten, wurde ihm vorgeworfen, weswegen ich Andreas dieses Zitat von Lao Tse geschickt habe: „Wenn du dich darum kümmerst, wie andere dich sehen, wirst du immer ihr Gefangener sein.“
Überhaupt ist „Rechts“ sein zwar nicht schön, aber (noch) nicht verboten. Meiner Beobachtung nach gibt es aber eine Entwicklung seit einigen Jahren, dass alles, was ehemals „Rechts“ war, nunmehr sogleich in die Nazi-Ecke gestellt wird, und zwar von Leuten, die ansonsten den Nazi-Vergleich ablehnen, zumindest bei anderen, um sich nicht mit den Inhalten und den Themen überhaupt auseinandersetzen zu müssen. Das ist praktisch und passt dann wiederum zum erwähnten Menschenbild.
In welche Schublade einen diese Menschen tun, darauf hat man keinen Einfluss, das ist zumindest meine Erfahrung. Ich wurde selbst schon einmal auf dem Boxhagener Platz von selbsternannten „Nazi-Hunter(n)“ (stand wirklich auf der Jacke einer meiner Verfolger) der „Antifa“, die so antifaschistisch ist, wie der antifaschistische Schutzwall es war, als „Nazi“ beschimpft, beleidigt und bedroht, nur weil ich eine gelbe Weste trug, mit der ich gegen das illegale Agieren von Uber & Co auf den Berliner Straßen und Plätzen protestierte, dem ich letztendlich meine Arbeitslosigkeit zu verdanken habe.
Als ich meine Verfolger von der „Antifa“ darauf hinwies, bekam ich zur Antwort, dass man Taxifahrer dort noch nie leiden konnte. Ein Beweis dafür, dass die „Antifa“ nur die nützlichen Idioten des Neoliberalismus sind, wofür Uber & Co steht. Die herbeigerufene Berliner Polizei konnte (besser: wollte, weswegen der Fall auch in keiner Statistik auftaucht, auftauchen kann) mir nicht sagen, ob „Nazi“ eine Beleidigung ist oder nicht. Von den von mir angerufenen Freunden kam nur Andreas, alle anderen hatten wichtiges zu tun, beispielsweise Kaffee in einem naheliegenden Café trinken.
Dafür bin ich Andreas bis heute dankbar, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Vor gut einem Jahr, als ich noch in Berlin war, meinte Andreas beispielsweise zu mir, dass man es selbst in der Hand hätte, in welche Schublade beziehungsweise in welche Ecke man von anderen gestellt wird, indem man bestimmte Sachen einfach nicht sagt, obwohl sie eigentlich gesagt werden dürften und wohl auch müssten.
Ich glaube daran nicht (mehr), und ich bin gespannt, ob Andreas das nach den Erfahrungen mit seinem neuen Film „Volksvertreter“, der an meinem Geburtstag am Freitag um 19:30 Uhr Premiere im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte hat, immer noch so sieht.
Text TaxiBerlin
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