28.4.22

Bericht aus Bulgarien (122)


Einschusslöcher mit Fahrplan

Der (noch) bulgarische Ministerpräsident Kiril Petkow, einer unserer „Harvard Boys“, der andere ist Finanzminister, war noch nicht in Kiew angekommen, da hatte der Russe dem Bulgaren bereits den Gashahn abgedreht.

Ganz genau war es wohl so, dass Petkow noch gar nicht losgeflogen war, aber das sind solche Feinheiten, die interessiert am Ende, also wenn der Krieg vorbei ist, niemanden mehr.

Der wäre vielleicht schon vorbei, wenn der Russe den Gashahn früher abgedreht hätte, und zwar im Winter. Das habe ich heute in einem Café aufgeschnappt.

Dazu muss man wissen, dass das Café in Bulgarien das ist, was in Deutschland der Stammtisch ist. Auf jeden Fall sitzen hier die Leute gerne im Café, und jetzt sogar draußen und ohne Gasheizung.

Aber nicht, weil der Russe das Gas abgedreht hat, sondern weil in Bulgarien schon Sommer ist. Hätte der Russe den Gashahn in der Woche vor Ostern abgedreht, wäre hier die Revolution ausgebrochen, und zwar die Caféhaus-Revolution. Ich glaube, so war die Bemerkung gemeint.

Aber hat man je von einer Caféhaus-Revolution gehört? Und dann noch in Bulgarien? Nicht nur die Revolution ist ausgefallen beim Bulgaren, sondern auch der Zugverkehr. Jedenfalls fahren nun auch keine Züge mehr.

In Bulgarien ist es wirklich fünf vor 12, und das schon seit Jahren. Wer sich bis jetzt nicht ins Ausland evakuiert hat, der evakuiert sich auch nicht mehr. Und an allem ist nur dieser Putin schuld! Wie war jetzt gleich nochmal sein Gesundheitszustand? In Deutschland scheint das ein wichtiges Thema zu sein: der Gesundheitszustand von Putin.

In Bulgarien interessiert das keine Sau. Den Bulgaren interessiert auch nicht, warum nur ihm und dem Polen das Gas abgestellt wurde, denn der Bulgare weiß noch, was „Teile und Herrsche“ bedeutet.

Überhaupt interessiert sich der Bulgare nur für sich selbst, deswegen will er dem Ukrainer auch keine Waffen liefern. Zum Ukrainer-Glück gibt es den Deutschen, der zwar nicht weiß, was „schwere Waffen“ sind, sich dafür aber mit dem Ringtausch auskennt. Neue deutsche Waffen für den Slowenen, damit der dem Ukrainer seine alten gibt – genial.

Ich kannte Ringtausch bisher nur beim Wohnen. Aber vielleicht kommt das als nächstes:

Der Deutsche zieht beim Bulgaren ein und der Bulgare beim Deutschen, ja nein, geht nicht, dann ist es ja kein Ringtausch. Der Bulgare muss zum Ukrainer, und der Ukrainer wohnt dann in Deutschland. Das ist keine schlechte Idee, vor allem dass der Deutsche nach Bulgarien zieht.

Bulgarien – das Land der Überraschungen, und der garantiert kalten Duschen, jetzt wo Putin persönlich den Gashahn abgedreht hat.

Man muss eigentlich nur hinkommen, also nach Bulgarien, dem Paradies für alle „Kalt duschen für den Frieden“ Warmduscher. Aber nicht nur das. Nachdem Putin den Gashahn zu spät abgedreht und deswegen die Caféhaus-Revolution ausgefallen ist, kann nur noch das permanente kalt Duschen den Krieg beenden.

Jetzt hilft einzig der Ringtausch: Deutsche Warmduscher an die bulgarische Kaltduscher-Front und Bulgaren in die Ukraine, was dem gemeinen Bulgaren nichts ausmacht, weil der sich wie gesagt nur für sich selber interessiert.

PS: Nachdem ich gestern Butter gekauft habe, werde ich heute meine Gasflasche auffüllen – was man hat, hat man.

Fotos&Text TaxiBerlin

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