In Bulgarien ist noch einmal der Winter zurückgekehrt, zumindest im Gebirge. Auf dem Balkan-Pass, über den ich immer muss, wenn ich von Sofia zurück komme, gab es gestern sogar so etwas wie einen Stau, besser eine Kolonne. Jetzt nicht die Fünfte Kolonne Putins, das nicht, aber immerhin eine Kolonne von Autos, die in die bulgarische Hauptstadt wollten. Auch in Bulgarien gibt es das Phänomen, dass Hauptstädter ihr Wochenende gerne außerhalb verbringen. Die wenigsten Sofioter orientieren sich dabei allerdings Richtung Norden. Das ist ihnen zu ärmlich. Dafür gibt es so einige, die in der ärmsten Region im Norden wohnen und in Sofia arbeiten. Es waren also eher Arbeitsnomaden als Ausflügler, die mir da entgegenkamen.
Viele von ihnen fahren regelmäßig von Sofia in ihr Dorf, um dort nach dem rechten zu schauen. Die bulgarische Hauptstadt ist voll von Dörflern, so wie Berlin voll von Provinzlern ist. Die in der bulgarischen Hauptstadt lebenden Dörfler sind allerdings eher arm, haben also keine reichen Eltern, sondern meist nur einen Garten in ihrem Dorf, um den sie sich kümmern müssen – manchmal auch noch ihre Eltern. Meine Vorfahren auf dem Dorf sind schon vor vielen Jahren verstorben. Es war auch ein anderes Dorf, aber auch im Norden. Auf meinem Dorf habe ich jetzt immerhin zehn Tomatenpflanzen neben meiner Hütte, die gestern, als ich zurück kam, etwas eingeschneit waren. Da ich sie vorher mit alten Plastikflaschen abgedeckt hatte, hoffe ich, dass sie überleben.
Ansonsten muss auch ich mir im Sommer im Supermarkt Tomaten aus Polen kaufen. So wie regelmäßig Schweinehälften aus Deutschland rangekarrt werden, so gibt es regelmäßig Tomaten aus Polen in den Supermärkten des Agrarlands Bulgarien. Nach dem Schweine züchten hat man hier auch das Tomaten pflanzen verlernt. Wer nichts weiß, muss alles glauben, und wer nichts kann, muss alles kaufen – vorausgesetzt er hat das Geld dazu. Da mir meines langsam aber sicher ausgeht, und ich auch nicht sicher bin, ob meine Tomaten etwas werden, erlaube ich mir noch einmal, auf die Möglichkeit einer Spende für mich hinzuweisen. Mich nervt sie selbst, diese ewige Bettelei, das kannst du mir glauben. Andererseits weiß ich auch, dass möglicherweise auch du Gutes tun willst, und nicht weißt wie, oder dass du ganz und gar nicht weißt, wohin mit deinem ganzen Geld.
Mir geht es nicht nur ums Geld, auch das kannst du mir glauben. Geld ist für mich nur Mittel zum Zweck. Das ist die Wahrheit. Es ist für mich vor allem eine Übung. Eine Übung darin, Menschen um Hilfe zu bitten. Das fällt vielen Menschen schwer, und vielleicht gehörst auch du zu diesen Menschen, die nicht gerne um Hilfe bitten, die es sich verbieten, weil man ihnen eingetrichtert hat, immer alleine klarkommen zu müssen, oder weil sie Angst davor haben, dass ihnen niemand hilft. Die Erfahrung, andere Menschen um Hilfe zu bitten, die muss jeder selber machen. Das kann dir niemand abnehmen. Aber immerhin die Erfahrung, dass man Hilfe bekommt, wenn man darum bittet, die kannst du jetzt machen. Denn es stimmt wirklich: Es wird einem gegeben, man muss nur darum bitten.
Foto&Text TaxiBerlin
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