In den letzten Tagen und Wochen habe ich mehr Geld als sonst ausgegeben, obwohl ich keine Böller, die in Bulgarien „Feuerwerki“ heißen, gekauft hatte. Ich habe auch keinen Alkohol und keine Zigaretten oder ähnliches gebraucht, weil ich weder rauche noch trinke. Vegetarier oder gar Veganer bin ich deswegen aber (noch) nicht geworden. Ich bin einfach viel mit dem Auto herumgefahren, um Freunde und Verwandte zu besuchen, und der Sprit ist nicht gerade billig in Bulgarien. Der Liter Benzin „devit pet“ (95, bei uns E10) kostet jetzt 2,40 Lewa (1,20 Euro), im Sommer waren es noch 2,20 Lewa (1,10 Euro). Dann brauchte ich unbedingt diese große Festplatte (1TB, mit Back-up Funktion) für 100 Lewa (50 Euro), Schneeketten für 46 Lewa (23 Euro), es ist besser sie im Winter im Gebirge dabei zu haben, und dann natürlich die neue Füllung für meinen Backenzahn, über die ich gestern geschrieben hatte, was auch noch mal 120 Lewa (60 Euro) waren.
An der zehnbändigen Ausgabe vom „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“ bin ich auch nicht vorbei gekommen – immerhin war Weihnachten. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich in Konstantins genialem Antiquariat in Sofia war, nur um nachzuschauen, ob der Schuber mit den zehn Bänden noch da ist. Konstantin wollte eigentlich 100 Lewa (50 Euro) haben, was die Bücher mit Sicherheit Wert sind, zumindest in Deutschland. Aber in Bulgarien ein zehnbändiges Lexikon auf Deutsch an den Mann zu bringen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das weiß auch Konstantin. Wäre da nicht ich, der sich für jeglichen Un- und auch Aberglauben interessiert. Natürlich hatte Konstantin mitbekommen, dass er einen Interessenten für sein Schwergewicht im wahrsten Sinne des Wortes hat, die 10 Bände dürften knapp 10 Kilogramm auf die Waage bringen, aber eben nicht für seinen Preis von 100 Lewa (50 Euro). Am Ende haben wir uns auf 60 Lewa (30 Euro) geeinigt, womit wir beide zufrieden sein konnten, auch Konstantin. Ich werde demnächst über das zehnbändige „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“ schreiben.
Jetzt aber erst einmal weiter mit meinen Finanzen und den Lebenshaltungskosten in Bulgarien, und zwar mit dem Strom. Da bezahle ich um die 30 Lewa (15 Euro) im Monat, also einen Lewa (50 Cent) am Tag. Ich muss dazu sagen, dass ich den Boiler, der den meisten Strom verbraucht, nur Nachts einschalte. Nachts ist der Strom um einiges preiswerter. Das warme Wasser reicht dann für den ganzen nächsten Tag, auch zum Duschen. Wasser bezahle ich einmal im Vierteljahr. Das sind meist um die 15 Lewa (7,50 Euro). Heizen tue ich mit Holz, wovon ich genug habe. Dass ich genug Holz habe, liegt daran, dass ich jahrelang kaum Holz zum Heizen gebraucht habe, die Bäume aber wie wild wachsen hier. Viele wurden im Sommer wieder vom Stromanbieter, der berechtigte Sorge um seine Leitungen hat, gefällt und dann einfach am Wegesrand liegen gelassen. Neuerdings habe ich zwei Backsteine, die ich am Tage auf den Ofen lege und Nachts mit ins Bett nehme, was ganz toll ist, weil ich das Schlafzimmer nicht heize.
Auch wenn das Schlafen in einem kalten Raum gesund ist, überlege ich, in Bulgarien eine Krankenversicherung abzuschließen. Das würde 160 Lewa (80 Euro) im Jahr kosten. Wenn ich es machen sollte, die Sache ist noch nicht entschieden, dann vor allem um meine Nerven zu beruhigen. Das beste ist, man wird gar nicht erst krank, wobei Achtsamkeit hilft. Bulgarien ist ein idealer Ort um Achtsamkeit zu lernen. Die Lektionen gibt es umsonst, genauso wie das Wasser, das ich hier trinke. Bei uns im Dorf gibt es eine Mineralquelle, deren Wasser man täglich trinken kann. Das ist eher die Ausnahme. Von den allermeisten Mineralquellen soll man nicht permanent trinken. Ihr Gehalt an Mineralien ist dafür zu hoch. Dass ich mal eine Cola oder etwas anderes „Besalkoholno“, also Alkoholfreies, trinke, ist die absolute Ausnahme. Wenn doch einmal, dann ein Soda-Wasser mit Zitrone oder, noch besser, Limette. Auch die gibt es in Bulgarien.
Zu Weihnachten habe ich mir einiges an Orangen gekauft, aus Tradition aber auch wegen dem Vitamin C. Die waren ausgesprochen gut und haben kaum mehr als einen Lewa (50 Cent) das Kilogramm gekostet. Ich habe auch ein paar Süßigkeiten gekauft, ungefähr zum halben Preis wie in Deutschland, und zum Verschenken sogar Kekse nach einem alten Rezept und mit viel Butter gebacken, die sehr gut angekommen sind. Seit einiger Zeit backe ich auch mein eigenes Brot, im Moment deutsches Mischbrot, eine Fertigmischung von Lidl für 2,80 Lewa (1,40 Euro). Mit der bin ich sehr zufrieden, auch wenn es am Ende meist ein Krustenbrot wird. Dass aus dem Mischbrot Krustenbrot wird, liegt daran, dass ich es immer zu lange im Ofen lasse. Eigentlich folge ich nur den Anweisungen auf der Verpackung, aber manchmal ist das Folgen von Anweisungen auch kontraproduktiv. In dem Fall nicht, denn ich mag Krustenbrot noch lieber als Mischbrot. Es ist schwer geworden, in Bulgarien gutes Weißbrot zu finden, das früher auf keinem Tisch fehlen durften. Das meiste Weißbrot, was man heute kaufen kann, kommt aus der Fabrik und ist praktisch Toastbrot, hat mit dem bulgarischen Weißbrot von einst nichts zu tun. Das gleiche Phänomen wie bei der bulgarischen Butter und dem bulgarischen Schafkäse. Ein ganzes Land scheint seinen guten Geschmack verloren zu haben.
Wenn ich nicht auf dem „Bazar“, also dem Markt, oder in unserem kleinen Dorfladen einkaufe, gehe ich zu Kaufland oder zu Lidl, wozu ich aber in die nächstgrößere Stadt fahren muss, die auch schon wieder 30 Kilometer entfernt ist. Das kostet hin und zurück 14 Lewa (7 Euro) Sprit. Wenn ich nach Sofia fahre, was 100 Kilometer übers Gebirge sind, schlägt der Kraftstoff mit 50 Lewa (25 Euro) zu Buche. Auch deswegen fahre ich nicht allzu oft in die bulgarische Hauptstadt, von der ich ehrlich gesagt kein großer Fan bin. Das schönste an Sofia sind für mich die Mineralquellen mitten in der Stadt und das Vitosha-Gebirge im Hintergrund.
Um bei Lidl oder Kaufland einzukaufen, muss ich nicht nach Sofia fahren, sondern wie gesagt nur in die nächstgrößere Stadt. Aldi gibt es in Bulgarien nicht, auch nicht in Sofia. Der Lidl ist hier besser als in Deutschland, und nicht nur, weil er billiger ist. Man findet einfach viele praktische Sachen, beispielsweise eine Tageslichtlampe zum Lesen für 28 Lewa (14 Euro). Solche Sachen sind hier nur schwer preiswert zu bekommen, auch weil es in Bulgarien keine Technik Second Hand Läden und auch keine Flohmärkte wie in Berlin gibt. Fast habe ich bedauert, dass ich schon eine Leselampe habe.
Kaffee gibt es öfters bei Kaufland als bei Lidl im Angebot. Vier Packungen Lavazza a 250 Gramm kosten dann 17 Lewa (8,50 Euro). Eine Packung reicht bei mir knapp einen Monat, vier Packungen ein Vierteljahr. Ich trinke meist nur morgens Kaffee, später am Tag Tee oder Malzkaffee. Den gibt es hier nicht, den guten Muckefuck aus dem Berliner Bio-Laden. Dafür an jeder Ecke Kaffee-Automaten, um die die Kaffee-Bohne aber oft einen großen Bogen gemacht hat. Trotzdem komme ich nicht immer an ihnen vorbei. Der Preis ist einfach unschlagbar. Den Cappuchino von Lavazza gibt’s dort ab 60 Stotinki (30 Cent). Und meistens ist der sogar genießbar! Im Gegensatz zu Deutschland, wo ich schon schlechteren Kaffee getrunken habe, und das für ein oder ganz und gar zwei Euro.
Überhaupt versuche ich vorzugsweise Angebote zu nutzen. Bei Joghurt, auf bulgarisch „kisselo mljako“ (saure Milch) gibt es fast immer eins, dann kosten 400 Gramm ein Lewa (50 Cent), und oft auch bei Schafkäse und Milch. Was immer noch teuer ist, ist deutsche Butter. Ich erwähne das, weil bulgarische Butter, die früher einmal sehr gut war, wie erwähnt heute ungenießbar ist. Eigentlich müsste sie bulgarische Margarine heißen. Deutsche Butter kostet im Moment sechs Lewa (drei Euro) das Stück. Knoblauch, das bulgarische Antibiotikum, gibt es eigentlich immer in Bulgarien, aber man muss aufpassen, dass er nicht aus China kommt, denn den kann man vergessen. Es gibt jetzt auch, wie in dieser Saison üblich, überall eingelegten Kohl und anderes Gemüse, was erschwinglich ist. Noch habe ich eigenes Eingelegtes und auch Eingemachtes, das ich geschenkt bekommen habe, so dass ich mir da vorerst nichts kaufen muss. Ich versuche möglichst wenig Geld auszugeben. Keiner weiß, wie lange der Ausnahmezustand anhält.
Internet habe ich genauso wie Fernsehen nicht. Um ins Internet zu kommen, muss ich immer runter ins Dorf, also Downtown im wahrsten Sinne des Wortes, wo auch die Mineralquelle ist. Beim Bürgermeisteramt gibt es kostenloses Internet. Fernsehen könnte ich in der Dorfkneipe, die sich auch im Dorfzentrum befindet. Manchmal mache ich das auch, dann aber nur Nachrichten. Vor allem aber um mich mit Leuten aus dem Dorf zu unterhalten, allen voran mit meinem Bürgermeister, dem die Kneipe gehört.
Ein Smartphone habe ich immer noch nicht, so wie es vor Jahren schon in der Berliner Zeitung stand, aber immerhin ein Handy, dieser Hinweis fehlte dort, in dem zwei Sim-Karten stecken. Eine Prepaid Sim-Karte von Aldi, die hier gut funktioniert, weil EU. Ich telefoniere zum selben Tarif wie in Deutschland. Ich habe auch noch eine bulgarische Sim-Karte von A1, aber das ist teurer, weil ich keinen Vertrag habe. Wenn ich 10 Lewa (5 Euro) Guthaben kaufe, dann reicht das nicht lange, maximal vier Wochen, obwohl ich fast gar nicht telefoniere. Dafür können mich Leute aus dem Inland zum normalen Tarif für ein Vierteljahr erreichen. Dann muss ich wieder aufladen, um die Nummer nicht zu verlieren. Meistens nutze ich meine Aldi-Nummer oder lasse mich anrufen. Wer in der Heimat eine Flatrate hat, und das haben die meisten, bezahlt dafür nichts extra.
Meinen Wagen habe ich bereits letztes Jahr in Bulgarien angemeldet. Die Abmeldung in der Heimat erfolgte problemlos, auch von hier aus. Ich musste deswegen nicht extra nach Deutschland. Dort habe ich knapp 100 Euro Steuern im Jahr bezahlt, hier sind es 40 Lewa (20 Euro). Die Haftpflicht kostete in Deutschland 60 Euro (120 Lewa) im Monat, hier bezahle ich 60 Lewa (30 Euro) im Vierteljahr. Will ich mit dem Auto mein Dorf verlassen, brauche ich eine Vignette. Die kostet für einen PKW im Jahr 93 Lewa (46,50 Euro). Es gibt auch Tages-, Wochen- und Monatsvignetten, die aber vergleichsweise teuer sind. Bleibt man länger als drei Monate, lohnt sich schon die Jahresvignette.
Seit meinem Artikel auf Multipolar melden sich viele Leute aus Deutschland und aus Österreich bei mir, die Informationen über das Leben in Bulgarien haben möchten. Ich gebe gerne Auskunft, auch deswegen dieser Beitrag. Vor etwa einer Woche hat sogar der Spiegel über Deutsche in Bulgarien berichtet. Angeblich waren sie am Schwarzen Meer. Genau waren sie aber in Acheloij, was 20 Kilometer vom Meer entfernt ist. Offensichtlich lässt man auch beim Spiegel Fünfe gelegentlich Gerade sein. Ich habe den Artikel nicht gelesen, weil man dafür bezahlen muss. Die Kurzzusammenfassung hat gereicht, um zu wissen, dass der Beitrag von einem Haltungsjournalisten geschrieben war. Genau genommen ist der Autor kein Journalist, sondern eine Person, die Public Relation macht.
Nach dem Spiegel-Artikel hat mich eine Frau von Stern.tv kontaktiert und angefragt, ob sie sich mal mit mir unterhalten kann. Warum nicht, habe ich ihr geantwortet. Schon in meinem Taxi habe ich mich mit jedem unterhalten. Die Frau hat sich aber nicht mehr gemeldet. Ich vermute, weil ich sie gefragt habe, wie sie auf mich aufmerksam geworden ist. Ich gehe davon aus, dass es mein Artikel „Bulgarien – die große Freiheit“ auf Multipolar war, was sie aber nicht zugeben darf, zumindest nicht offiziell.
Fällt mir in dem Zusammenhang ein: Ich habe neulich den YouTube Beitrag eines bulgarischen Freundes kommentiert. Genau genommen habe ich ihm nur zu seinem Beitrag gratuliert und einen Link zu Multipolar gemacht. Aber nicht zu meinem Artikel, sondern zu einem anderen über die rollende Demonstrationswelle in Deutschland. Das erschien mir sinnvoll, weil der Freund in seinem YouTube Beitrag die Demonstrationen in Deutschland erwähnt hatte. Mein Kommentar war nach nicht mal einer Stunde von YouTube gelöscht worden. Der Beitrag des Freundes, den sich über 10.000 Menschen angesehen hatten, keine 48 Stunden später.
Das ist ärgerlich, letztendlich aber auch ein gutes Zeichen. Man wird wahrgenommen – was will man mehr. Wenn eine Riese wie YouTube Angst vor einer Gratulation und einem Link hat, dann kann man sich darüber nur freuen. Freuen tue ich mich auch auf die große Demonstration gegen den Grünen Pass, die für Mittwoch in Sofia geplant ist. Ich habe die Möglichkeit kostenlos mit einem Bus in die Hauptstadt zu fahren. Dann würde ich den Sprit fürs Auto sparen. Aber wie komme ich dann zurück auf mein Dorf, wo ich doch am nächsten Tag einen Termin bei meinem neuen Zahnarzt in Sofia habe?
Diese Frage beschäftigt mich derzeit sehr, auch weil ab Dienstag Schnee vorhergesagt wird. Letztendlich ein Luxus-Problem. Ich habe mir auch in der Vergangenheit nichts aus Wetter-Vorhersagen gemacht. Und für den Ernstfall habe ich ja jetzt Schneeketten.
PS: Letzte Nacht hat es angefangen zu schneien. Der für Dienstag vorhergesagt Schnee ist heute, also am Montag, schon da. Sieht toll aus! Ich gehe gleich mal raus und runter ins Dorf, um den Beitrag zu veröffentlichen und um das Neueste zu erfahren.
PPS: Habe angefangen mir das „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“ anzusehen und musste feststellen, dass im ersten Band zehn Doppelseiten unbedruckt sind. Die andere Bände scheinen in Ordnung zu sein. So etwas kommt in Bulgarien öfters vor, auch wenn die Bücher in Deutschland gedruckt sind. Nicht umsonst sind sie in Bulgarien gelandet. Unter diesen Umständen sind 60 Lewa (30 Euro) schon fast zu viel. Ich werde mit Konstantin reden und vermutlich wird er mir wieder ein Buch umsonst geben, was OK ist. Es war schließlich auch mein Fehler, weil ich mir die Bücher nicht genau angesehen habe. Bulgarien ist wirklich ein guter Ort, um Achtsamkeit zu lernen.
Foto&Text TaxiBerlin
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