31.10.21

Zu einem Virus hat’s nicht gereicht

Mein Leibgericht

Das ist gerade mein Leibgericht: Paprika (etwa ein Euro das Kilo), Eier (13 Cent das Stück) und Schafkäse (halber Preis wie in D). Wenn ich Glück habe, schenkt mir die Nachbarin Paprika (sie hat gerade zu viel davon) und ein paar Eier dazu. Das ist aber eher die Ausnahme, denn sie muss praktisch vier Familien mit ihrem Garten ernähren: Ihre beiden Töchter und dann noch die beiden Enkel. Guter Schafkäse ist schwer zu finden. Das meiste, was im Laden verkauft wird, ist nicht wirklich gut. Und bei denen, die ihn noch selber machen, herrscht in Sachen Sauberkeit oft kein deutscher Standard, um es mal so zu formulieren. Für mich als halber Bulgare ist das nichts Neues. Ich bin daran gewöhnt. Und überhaupt: Was mich nicht umbringt, macht mich stark.

Apropos: Höre gerade im Radio, dass die, die zu lange brav ihre Maske getragen haben, nun anfälliger für die Grippe sind. Das kann mir schon mal nicht passieren. Dann sagen sie noch, dass jetzt immer mehr Geimpfte erkranken, und das verstehe ich nicht. Ich meine, deswegen haben sie sich doch impfen lassen, oder? Und wer ist jetzt wieder Schuld daran, dass sie trotz Impfung erkranken? Ich wette, die Ungeimpften! Ich kann es nicht wirklich erklären, und ich glaube niemand kann es, aber es scheint mir doch folgerichtig zu sein. Logisch ist es natürlich nicht, das ist klar. Auf einer deutschen Internetseite las ich neulich, dass man jetzt wohl keinen mehr umstimmen könne. Warum sollte man das auch? Darf doch jeder seine eigene Meinung haben, oder? Und überhaupt: Wenn der Impfstoff gar nicht wirkt, warum sollte man sich dann impfen lassen? Eine schöne Geschichte ist noch die mit diesem Profi von Bayern München. Und ich dachte, diese Profis hätten nur Stroh im Kopf. (Wäre ja nicht das erste Mal, das aus Stroh Gold gemacht wird.) Respekt, auch wenn er wohl bald nicht mehr spielen darf (oder sich noch irgendwann impfen lässt, wenn der Druck zu groß wird). Vielleicht kommt er eines Tages, wenn das alles Schnee von gestern ist, groß raus mit seiner „Haltung“. (Dass es Schnee von gestern ist, das realisieren immer mehr Menschen. Dass es sich um eine Ablenkung von den eigentlichen Themen handelt, allen voran der ungehemmten Umverteilung von unten nach oben.) So wie Ali, der in den Knast musste, weil er nicht nach Vietnam wollte (O-Ton Ali: „Die Vietnamesen haben mir nichts getan, also warum sollte ich ihnen was tun?“), was sozusagen seine Haltung war, und danach ein großartiges Comeback hatte. Mir geht es genauso wie Ali. So wie die Vietnamesen Ali nichts getan hatten, so haben mir die Viren nichts getan. Also warum sollte ich gegen sie in den Krieg ziehen? Vielleicht müssen alle, die wie Ali und ich denken, bald wieder in den Knast. Das ist durchaus möglich. Aber „Hey!“, was soll’s, wenn’s danach ein tolles Comeback gibt?!

Ich bereite mich schon mal darauf vor, indem ich nach meinem Leibgericht, also Paprika, Schafkäse und Eier, immer noch Joghurt und einen Apfel esse. Der Bulgare ist für seinen Joghurt bekannt. Er hat sogar sein eigenes Joghurt Bakterium. Zu einem Virus hat’s bei ihm nicht gereicht. Das Bakterium heißt „Bacillus Bulgaricus“, und der Joghurt heißt hier „Kisselo Mljako“, also „Saure Milch“. Die sozialistische Zeit in Bulgarien ist bis heute bekannt als „Vremeto na Kisselo Mljako i Gasirana Voda“, also „Die Zeit von Saurer Milch und mit Gas versetztem Wasser“, womit Soda bzw. Selters gemeint ist. Im Prinzip so wie im Bulgaren-Knast, wo ich vor vielen Jahren schon mal „hospitieren“ durfte. Dort gibt es eine Tasse Joghurt, eine Scheibe Weißbrot, eine Tomate und einen Apfel am Tag, wogegen nichts einzuwenden ist, wenn da nicht das „Gasirana Voda“, also Soda bzw. Selters, wäre. Nichts gegen „Gasirana Voda“, aber im Winter würde ich mir lieber einen Tee wünschen, am besten einen Kräuter-Tee. Bulgarien ist voll von Kräutern. Es gibt hier so viele Kräuter wie es Freaks gibt. Für jeden Freak praktisch ein Kraut. Also warum dann im Bulgaren-Knast „Gasirana Voda“ und keinen Kräuter-Tee? Ich trinke jedenfalls nach meinem Leibgericht, den Paprika mit Schafkäse und Eiern, dem Joghurt und dem Apfel immer einen Kräuter-Tee. Das beruhigt ungemein. Und wenn sie mir irgendwann Soda bzw. Selters anbieten sollten, werde ich auf meinen „Bilkow Tshai“, also Kräuter-Tee, bestehen. Ich denke, das kann ich machen. Auch wenn die Bulgaren keinen eigenen Virus haben, so sind sie doch keine Unmenschen.

Foto&Text TaxiBerlin

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