18.11.23

Ankunft in einem aus der Zeit gefallenen Land

Gestern am Flughafen BER

Erst ist er jahrelang nicht fertig geworden, der neue Flughafen vor den Toren Berlins, und nun ist in ihm auch noch die Zeit stehen geblieben. Bis gestern dachte ich, Deutschland und mit ihm die deutsche Hauptstadt wären Bulgarien nur um eine Stunde hinterher. Spätestens bei der Ankunft in der Zentrale des deutschen Irrenhauses wird klar: Deutschland ist aus der Zeit gefallen. Aber der Reihe nach. Erst standen die aus Sofia kommenden Fluggäste im Flughafengebäude vor einer verschlossenen Tür, die einfach nicht aufgehen wollte. Irgendwann kam die Putzfrau und meinte, dass wir zurück und zur Pass-Kontrolle müssten. Bulgarien gehört bekanntlich nicht zum Schengen-Raum. Immerhin, die Putzfrau war auf dem aktuellen Stand. An der Pass-Kontrolle dann obiges Hinweisschild von vorgestern, das ich, ginge es nach der Einweiserin, nicht fotografieren sollte. Da ich kein Verbotsschild sah, fragte ich nach. Na wegen Grenze und so, aber das Schild dürfe ich natürlich fotografieren, so die Antwort der Einweiserin. Die Pass-Kontrolle verlief problemlos, was wohl mit daran lag, dass die Herren von der Bundespolizei überrascht waren, dass sie in korrektem Deutsch angesprochen wurden. Danach musste ich nur noch die Gepäckausgabe finden, was gar nicht so leicht ist im Labyrinth des neuen, aber aufgrund der Bauzeit von gefühlt einhundert Jahren bereits veralteten Flughafens. Als ich endlich das Gepäckband gefunden hatte, befand sich nur noch ein Gepäckstück auf ihm: meins. Dann weiter zur Bahn. Vorher einen Fahrschein kaufen. Erste Kommunikationsversuche mit einem Fahrscheinautomaten, was selbst für einen Muttersprachler eine Herausforderung ist. Ein Fahrschein in die Stadt kostet vier Euro, was acht Lewa sind. In Sofia kann ich damit zwei volle Tage fahren. Als nächstes den richtigen Bahnsteig und einen Entwerter für den Fahrschein finden. Sicherheitsleute sprechen einen Flaschensammler an. Nachdem sie von ihm abgelassen haben, spreche ich sie an. Die Sicherheitsleute, die zum Flughafen gehören, sind dem Flaschensammler in den Bereich gefolgt, der zur Deutschen Bahn gehört, um ihm zu sagen, dass im Flughafen das Sammeln von Flaschen aus Abfalleimern verboten sei. Das stehe so in der Hausordnung. Wie es im Bereich der Deutschen Bahn ist, wo wir uns in dem Moment befinden, wüssten sie nicht. Sie seien aber keine schlechten Menschen, falls ich das glauben sollte, sie machen nur ihren Job. Den Eindruck habe ich auch, dass in Deutschland viel zu viele nur ihren Job machen, ihr Gehirn und die Menschlichkeit dabei ausgeschaltet lassen. Dass obiges Schild noch hängt, ist kein Versehen oder gar Hinweis darauf, dass jemand seinen Job nicht gemacht hat. Davon gehe ich jetzt mal aus. Sicher bin ich mir natürlich nicht. Vielleicht mangelt es auch wirklich einfach an Fachkräften für das Abschrauben von veralteten Hinweisschildern. Dass Leute nur ihren Job machen, ist man in Deutschland nicht nur gewöhnt. Man ist hier regelrecht Meister darin. Wohin das führt, ist bekannt.

Foto&Text TaxiBerlin

5 Kommentare:

  1. Anonym18.11.23

    Ich liebe deinen Humor, auch wenn es zum heulen ist. LG Eli

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  2. Danke für Eure Kommentare. Humor ist ganz wichtig in diesen Tagen. Möglicherweise ist es bald das Einzige, was wir noch haben.

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    1. Anonym19.11.23

      Ja wir behalten den Humor, das Lachen und das Tanzen. In BG wird immer getanzt. Liebe Grüße

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  3. Ja, lachen und tanzen wie Alexis Sorbas, auch wenn der kein Bulgare aber immerhin Mazedonier war. Sehe ich genauso.

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