12.12.23

Bericht aus einem aus der Zeit gefallenen Land (032)


Wovon weniger die Rede ist, seitdem ich in Berlin bin, ist das Haltung zeigen. Nicht, dass ich es vermissen würde. Aber ein klein wenig frage ich mich schon, wo sie geblieben sind, die ewig Haltung zeigenden. Haben sie jetzt einen Haltungsschaden? Kleiner Scherz am Rande! Aber im Ernst. Ich glaube eine Antwort gefunden zu haben. Der Journalist Georg Restle von ÖffentlichRechtlich möchte nicht Haltungs-Journalist genannt werden, denn wer Haltungsjournalismus sagt, meint eigentlich Gesinnungsjournalismus. Hm, das klingt fast nach einem Vorwurf, oder? Ich meine, wurde in der Vergangenheit nicht auch von Georg Restle immer Haltung eingefordert? Wie dem auch sei, heute will er mit Haltungs-Journalismus nichts zu tun haben. Georg Restle fordert vielmehr einen Werteorienterten Journalismus. Ein neuer Begriff also, der noch schwerer wiegt als Haltungs-Journalismus. Ich wäre ja schon zu frieden, wenn ein Journalist einfach mal rausgehen und mit den Leuten sprechen würde, anstatt seine Beiträge im Homeoffice zu schreiben. - Patrik Baab, das ist der nette ältere Herr in obigem Interview, auch er hat viele Jahre für ÖffentlichRechtlich gearbeitet, hat dies getan. Allerdings am verkehrten Ort, nämlich sowohl in der West- als auch in der Ost-Ukraine, und hat daraufhin sogleich seine Lehraufträge an zwei deutschen Universitäten verloren. So schnell kann es gehen. Man stelle sich vor, ein Journalist hätte über Ost- und Westdeutschland berichtet und ihm wäre daraufhin dasselbe passiert wie Patrik Baab. Eigentlich unvorstellbar. Aber wir leben in besonderen Zeiten. Ob das der Georg Restle genauso sieht? Schwer zu sagen. Möglicherweise versteht Georg Restle das Problem gar nicht. Immerhin, auch Georg Restle geht davon aus, dass es viele verschiedene Wahrnehmungen von dieser Welt gibt und jede ihre Berechtigung hat. Die Wahrnehmung und die journalistische Arbeit von Patrik Baab scheinen nicht dazuzugehören. Zumindest habe ich gegenteiliges von Georg Restle bis heute nicht vernommen. Könnte dies eventuell daran liegen, was Pulitzer Preisträger Upton Sinclair bereits von knapp 100 Jahren so formulierte: "Es ist schwer, einen Menschen von etwas zu überzeugen, wenn sein Gehalt davon abhängt, dass er es nicht versteht."

PS: Heute um 19 Uhr gemeinsame Veranstaltung von Michael Meyen und Patrik Baab im "Sprechsaal" in der Marienstraße 26 in Mitte zum Thema "Gleichgeschaltet".

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Text TaxiBerlin

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