Das ist der berühmte Ohrensessel aus Thomas Bernhards Stück "Holzfällen". Nachdem ich beim letzten Mal nicht reingekommen bin, weil ich zehn Minuten zu spät war, bin ich gestern extra noch einmal nach Sofia gefahren, um es mir anzusehen, und ich muss sagen: es hat sich gelohnt! In der bulgarischen Hauptstadt ist man so Theaterverrückt, wie man es in Berlin in den Neunzigern war, als die Volksbühne unter Frank Castorf Theater des Jahres in Deutschland war. Das ist lange her, die Volksbühne heute ist - so wie die ganze Stadt - nur noch ein Schatten seiner selbst. Das im Sofioter Theater "Toplozentrala" ("Heizungszentrale") aufgeführte Stück "Holzfällen" nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Bernhard, der ähnlich wie Klaus Manns "Mephisto" einige Zeit verboten war, ist ein "Monospektakel", also ein "Ein-Mann-Stück". Mit einem Spektakel hat es aber nichts zu tun. Das bestätigte der Schauspieler auch nach dem Stück, das zwei Stunden dauerte und praktisch ausverkauft war. Da nahm sich der Schauspieler, der nun ganz anders aussah, eine Stunde Zeit, um Fragen seines Publikums zu beantworten. Er sagte dort unter anderem, dass "Holzfällen" von Thomas Bernhard "etwas sehr Ernstes" sei. Im Stück selbst hatte er gesagt: "Die Kunst ist eigentlich tot" - und das auf deutsch. Die neben mir sitzende Ukrainerin, die mit ihrem Mann seit fünf Jahren in Bulgarien lebt, fand das Stück "unexpected - but in a good way". Dass ich beim ersten Mal nicht reingekommen bin, weil ich zehn Minuten zu spät war, lag übrigens daran, dass man, wenn man den Saal Nummer Zwei im Keller der "Heizungszentrale" ("Toplozentrala") betritt, direkt auf der Bühne steht. Und da saß ja schon der Schauspieler in seinem Ohrensessel. Später ist er auch aufgestanden, hat rumgebrüllt und andere verrückte Sache gemacht. Mit Mehl wie in der späten Volksbühne musst er übrigens nicht um sich werfen. Ausgezogen hat er sich auch nur das T-Shirt. Und das Jacket hat er gleich wieder angezogen, also über seinen nackten Oberkörper. Bernhard auf bulgarisch ist zugegeben gewöhnungsbedürftig. Ich empfehle das deutsche Original. Ein Buch in einer anderen Sprache ist ein anderes Buch, und so auch ein Stück - "Naturgemäß", wie Bernhard sagen würde.
Foto&Text TaxiBerlin
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