9.9.22

Bericht aus Bulgarien (287) - "Des Deutschen liebstes Hobby"

Nicht mit leeren Händen

Am Nachmittag war kurz der Strom weg, weswegen ich bei den Nachbarn war. Ich wollte sicher gehen, dass auch sie keinen Strohm haben und nicht meine Elektrik im Arsch ist. Ersteres war der Fall, auch sie hatten kein Strom, was sie aber noch nicht bemerkt hatten. Bei der Gelegenheit beklagte sich mein Nachbar über seine Frau, die ihm das Arbeiten mit seinen vielen Maschinen in den Morgenstunden verboten hatte in den letzten drei Tagen. Der Grund war unser Besuch aus Deutschland, den mein Nachbar zu seinem Geburtstag eingeladen hatte, wo wir mit meinem Bürgermeister die Spa-Idee besprochen haben, ich hatte hier darüber geschrieben. Die Frau von meinem Nachbarn meinte, man könne meinem Gast angesichts seiner Spa-Idee keine lauten Geräusche am Morgen zumuten. Mein Nachbar war immer noch fix und fertig ob dieser fixen Idee, und ich auch. Aber so sind sie, die Bulgaren, immer für eine Überraschung gut, in dem Fall war es sogar eine Bulgarin, die mir noch eine Tüte mit Birnen mit nach hause mitgab, so dass ich nicht umsonst bei ihnen war. Es handelt sich dabei um ein festes Ritual. Gehst du zu einem Bulgaren, wirst du nie mit leeren Händen von ihm zurückkehren, auch wenn du, so wie ich, mit leeren Händen gekommen bist. Gerne würde ich meinem Gast aus Deutschland einige der leckeren Birnen weiterreichen, auch damit er sich keine Gedanken macht wegen meines Nachbarn, der wegen ihm (oder war es doch wegen seiner Frau?) nicht wie gewohnt früh mit seinen Maschinen arbeiten konnte. Vor allem soll sich mein Freund, der heute morgen abgereist ist, nicht schuldig fühlen, was leichter gesagt ist als getan, denn sich schuldig zu fühlen ist des Deutschen liebstes Hobby. Das sage ich auch und vor allem als halber Deutscher.

Foto&Text TaxiBerlin

2 Kommentare:

  1. Oh, wenn ich das gewusst hätte! Ich wäre zu seiner Frau gelaufen und hätte ihr gesagt, dass mich der vormittägliche Lärm nicht stören würden. Nein, ganz im Gegenteil, er war mir sogar angenehmer als das ständige Gekläffe der Hunde des Nachbarn von gegenüber.

    Allerdings waren diese wiederum besser als das Geräusch, da wir in der einen Nacht hören konnten, wo wir uns nicht sicher waren, um was für ein Tier es sich handeln könnte, das da so unsäglich klagend gelärmt hat. Du meintest ja, es sei eine Frau gewesen, doch sowohl Layne als auch ich waren der Meinung, es war tierischer Herkunft.

    Nun, solche Geräusche gibt es auch anderswo und es wäre vermessen zu glauben, diese gäbe es nur in Bulgarien.

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  2. Ja, das sind andere Geräusche als in der Stadt. Letztes Jahr haben wir Schakale gehört. Was das undefinierbare Geräusch angeht, bin ich mir immer noch nicht sicher, ob es nicht doch eine Frau war.

    Apropos: Wäre es nicht besser gewesen, du wärst direkt zu dem Mann gelaufen? Immerhin war er es doch, der (wegen dir ;-) später anfangen musste.

    Aber lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen, wie Sorbas sagen würde. Schade nur, dass du die Birnen verpasst hat.

    Moment noch. Gerade höre ich ganz neue Geräusche. Vermutlich der Werwolf. Immerhin ist Vollmond.

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