30.3.22

Bericht aus Bulgarien (95)


Wie gestern bereits erwähnt, gibt es in der bulgarischen Hauptstadt Sofia einige interessante Werbetafeln zu sehen. Unter anderem obige mit einem Zitat von Tacitus, dem Autor der „Germania“. Der Ausspruch des Römers, der von 54 bis 120 nach Christus gelebt hat und schon zu Lebzeiten ein anerkannter Chronist war, lautet auf Deutsch: „Je korrumpierter ein Land, desto zahlreicher seine Gesetze.“

Sogleich musste ich an „Es geht um Leben und Tod“ Lauterbach denken, der in einem aktuellen Interview, das ich am Vortag im Internet gesehen hatte, mindestens zehnmal, gefühlt waren es hundertmal, betonte, dass man jetzt nicht weiter lockern könne, weil das so im Gesetz steht. Wer unseren „Gesundheitsminister“ nicht kennt, hätte ihn da glatt für den Justizminister halten können.

In Bulgarien kennt niemand unseren Angst- und Panikmacher, hier ist er nur wegen seines unaussprechlichen Namens bekannt. Bulgaren, die ihn im Fernsehen oder im Internet gesehen und reden gehört haben, fragen mich dann immer, was man für den Mann tun, wie man ihm helfen könne.

Eine berechtigte Frage, wie ich denke, auch wenn ich darauf keine Antwort weiß, außer dass auch er seine Strafe bekommen wird, wenn er nicht schon bestraft genug ist, was ich aber nur von den Bulgaren übernommen habe, die dies aus Erfahrung und aufgrund ihrer sprichwörtlichen Duldsamkeit gerne sagen.

In dem erwähnten Interview konnte unser „Gesundheitsminister von der traurigen Gestalt“ auf die Frage nach Lockerungen keinen einzigen medizinischen beziehungsweise gesundheitlichen oder wegen mir auch volksgesundheitlichen Grund nennen, warum dies jetzt nicht möglich sei, sondern immer nur wieder fast schon Gebetsmühlenartig auf Gesetze verwiesen, die dies verunmöglichen würden. Nicht Gesundheit sondern Gesetze entscheiden offensichtlich darüber, was angemessen ist und was nicht.

An Gesetzen mangelt es nicht in unserem Land, genauso wie Tacitus es für ein korrumpiertes Land beschreibt. Dass diese darüber hinaus völlig abgekoppelt vom reellen Geschehen im Land angewendet werden, darüber schreibt der römische Chronist nichts. Es handelt sich offenbar um eine Weiterentwicklung.

Fotos&Text TaxiBerlin

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