Ich stehe neuerdings unter Hausarrest, wobei neuerdings nicht ganz richtig. Schon einige Zeit kann ich meine Hütte in den Schluchten des Balkans nicht mehr verlassen. Immer, wenn ich es versuche, werde ich sogleich von den drei ewig bellenden und Zähne fletschenden Hunden meines Nachbarn angegriffen, die mir ans Leder wollen, ganz ohne Spritze. Bin ich in meiner Hütte, laufen sie permanent um diese herum und registrieren jede meiner Bewegungen. Nur wenn ich mich nicht bewege, in meiner eigenen Hütte wohlgemerkt, setzt für Sekunden ihr Bellen aus.
Will ich meine Hütte verlassen, muss ich meinen Bürgermeister anrufen, der sich mit Hunden auskennt. Meine Nachbarn gehen tagsüber ihren Geschäften nach, so wie jeder Bulgare dies tut, will er irgendwie überleben. Sie kann ich also nicht anrufen, denn das würde möglicherweise ihr Überleben gefährden. Spreche ich sie am Abend auf ihre Hunde an, glauben sie mir nicht, weil sich ihre drei Bestien dann in liebe Streicheltiere verwandelt haben. Natürlich nur in der Hoffnung, nun endlich etwas zu fressen zu bekommen, nachdem ihre Jagd am Tage erfolglos geblieben war.
Hier, also beim Umgang mit seinen Tieren, ich hatte das schon mal erwähnt, ist beim Bulgaren der Nazi versteckt. Am liebsten würde ich die Hunde meines Nachbarn irgendwo im Wald anbinden. Dann wäre aber der Nazi immer noch am Leben. Schlage ich den Nazi tot, hätte ich trotzdem noch Hausarrest, weil die drei ewig bellenden und Zähne fletschenden Bestien weiterhin um meine Hütte schleichen würden.
Eigentlich hatte ich gehofft, dass der Sohn meiner Nachbarn irgendwann seinen Eltern an die Gurgel geht, was aber bisher nicht passiert ist. Dazu muss man wissen, dass meine Nachbarn liebe nette Menschen sind, sieht man davon ab, dass sie in Sachen Haustiere Nazis sind. Der Mann, ein pensionierter Polizist und kaum älter als ich, ist sogar so nett, dass er seine Frau immer und überall als „Chefin“ bezeichnet.
Es ist aber nicht nur seine „Chefin“, sondern auch meine. Wenn ich es dann doch mal geschafft habe, meine Hütte zu verlassen, fragt mich die „Chefin“ bei meiner Rückkehr immer, wo ich gewesen sei. Sie ist sich sicher, dass ich eine andere Frau habe, und dass sie alles meiner Frau erzählen würde. Ich sage dann immer, dass ich nicht eine andere Frau habe, sondern fünf, aber dass sie bitte nichts meiner Frau erzählen soll, weil ich eigentlich schwul bin.
Jetzt kann man sich sicherlich vorstellen, wie sowohl ihr Mann, aber vor allem ihr Sohn unter der „Chefin“ zu leiden haben. Ihr Mann, der pensionierte Polizist, macht alles, was seine „Chefin“ will und lebt damit sehr gut. Der schizophrene Sohn ist medikamentös ruhig gestellt, weswegen er seine Eltern noch nicht umgebracht hat, so vermute ich.
Das mit den Medikamenten könnte auch eine Möglichkeit für die Hunde sein, fällt mir gerade ein. Mir persönlich fehlt das Geld für Medikamente, aber ich werde gleich mal meinen Bürgermeister fragen, der sich wie gesagt mit Hunden auskennt. Mein Bürgermeister hat mir nämlich versprochen vorbeizukommen, damit ich mal rauskomme aus dem Hausarrest, auch damit ich diesen Text veröffentlichen kann.
Foto&Text TaxiBerlin
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